Volltext: Börner - Cleoetas (Bd. 2)

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Buonnrotti , 
Mi ehe] 
vAngelo. 
Nachdem lVIiehel-Angeli) dieses Standbild vollendet hatte, kehrte 
er nach Rom zurüch, wo ein neues umfassendes Unternehmen sei- 
ner wartete. Julius beschloss nämlich, die von seinem Oheim Sih" 
tus IV. erbaute Kapelle mit einer Reihe von Gemähleil aus der 
biblischen GCSChiClIIQ zu verzieren, die alles übertretlen sollte. wnä 
man bis dahin in dieser Art gesehen. Der liiinstler wollte die Ar- 
beit nicht übernelnnen, denn er war der Frescoinetlerei nicht lillll" 
(lig, allein der Befehl des Pabstes zwang ihn, den Pinsel zu ex" 
greifen. Er unternahm nun. obwohl die 'l'afcl- und Leinwand- 
gemiilde und ihre Gegenstände, ansser der Nlenschengrestalt, aus- 
drücklich als kleinlich und weibisch verachtend, vielleicht haupv 
sachlich nur um Rafael, den jüngeren und mächtigen Nehenbuhler 
zu überbieten, die ungeheuer-e Deelae der sixtinischexi ha- 
pelle ohne Vorübung. Er "liess seine lYIitschiilei' und Freunde aus 
Florenz lionnnen, um ihm zu helfen; aber er sah ihnen nur die 
Iiunstgriffe ab, liess sie alle schitnpflich heiiuziehen, schloss sich 
ein , zerstörte alle ihre VVerhe, und malte nun das Ganze 
allein zu, seinem liluhme. Das geheimnissvolle lVesen, welches 
Buunarotti beobachtete, niisslicl dein Pabste, und er trat einst unge- 
duldig in die Kapelle, um sich von dem Gange des Werkes zu un- 
terrichten. Michel-zingeli) wollte dieses nicht dulden; er ver- 
scheuchte den heiligen Vater dadurch, dass er ein Brett vom Ge- 
rüste warf. Er ergriff hierauf die flucht, und unterdessen soll 
Bramante den Rafael heimlich in die Sixtina gieführt haben, worauf 
Letzterer eine erhabenere Rlanier annahm. Dieses überliefert Va- 
sari, aber seine Behauptung beruht auf einem erweislich falschen 
Thatbestand. (S. Dr. G. K. Naglefs Gesch. des Lebens und der 
VVerlae Balaefs S. 115 Hi.) 
Wie lange Buonarotti von der Arbeit sich fern gehalten habe, 
ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen, doch lange dürfte es nicht 
gedauert haben; denn unruhig und stolz, wie der Pabst und der 
Künstler war, aber grossberzig und sich achtend, entzweiten und 
versöhnten sie sich unaufhörlich.  
Die Gemälde, welche die Decke und hintere VVand der Sixtina 
erfüllen, sind in ihrer Vereinigung als ein grosses, in sich abge- 
schlossenes Gedicht zu betrachten. Sie zeigen die Schicksale der 
"Welt, des Menschen und dessen durch die heil. Schrift geotleil- 
harte Verhältnisse zu Gott in einer Folge von Bildern, die, wenn 
nicht für die Anschauung, doch für die Idee ein vollendetes Gan- 
zes und einen geistigen Zusammenhang bilden. Ihre Gegenstände 
sind: die Schöpfung der Welt und des Menschen, der Sündenfall 
mit seinen Folgen, nämlich die Vertreibung aus-dem Paradiese 
und die Siindfluth; die wunderbare Errettung des auserwählten Vol- 
kes, die Annäherung der Zeit der Erlösung durch die Darstellung 
der Vorfahren des Heilandes und der Propheten und Sibyllen, die 
seine zukünftige Erscheinung verkündeten, und zuletzt das Welt- 
gericht. Zum Gegenstück, und in Beziehung auf diesen Gegen- 
stand, hatte Miehel-Angelo von Clemens VII. mit der Ausführung 
dieses VVerkes den Auftrag erhalten, an der demselben entgegen- 
stehenden Wand des Ilaupteinganges den ursprünglichen Abfall 
von Gott in dem Sturz des Lucilers und der an seiner Empörung 
Theil genommenen Engel vorzustellen. Aber dieses Gemälde kam 
Ilißlli I'll" Atläfiihrung, obgleich der Iiünstler bereits mehrere Skiz- 
zen dazu verfertiget hatte. Nach Vasari wurde eine dieser Skizzen 
von einem ungenannten sicilianischen Maler, dessen sich Michel- 
Angelo einige Zeit zum Farbenreiben bediente, in der liirche S- 
Trinitä de' Monti schlecht in Fresco ausgeführt. Dieses Gemälde, 
welches sich in der Capella di S. Gregorio im Quer-schiffe reehli
	        
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