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Buonarolti ,
Michel
Angelq.
Hauptgruppe auf dem Bilde exithiilt 16 Figuren, und die Hiindß
eines ertrinkenden Mannes, welche in alten KtlPfCYStiCilßll als die
eines an hohem Ufer Emporklimmenden erscheinen. Ausser den
fünf Figuren der erwähnten Gruppe sieht man im Grunde noch
einen alten hcrbeieilenden Krieger mit Speer und Schild, der dell
Freunden die (lrulicnrlc Gelahr anzcigt, und einen jungen Mann,
der mit Trommelschlag und Trompctenschall zum Iiampfe ruft-
Andere eilen, sich ankleidend, davon, oder sehen, überrascht oder"
träge, nach dem Hintergrund, dem Schauplatz des beginnenden
Gefechtes. Im Bilde ist dieser aber nicht dargestellt, sondern eS
sind hier nur einige Felsen angegeben.
Die Erhaltung von lYIichel-Angelds Caxnposition verdanken wir
eigentlich dem Vasari, denn dieser beredete 1512 den Bastiano da
San Galle, der den Garten in einer Zeichnung coipirt hatte, selbe
grau in grau in einem Gemälde auszuführen. Dieses Bild kam
dann durch Monsignur Jovio in den Besitz Franz I. von Frank-
reich, der dcn liünstler reichlich belohnte. Letzterer erhieltl auch
wegen der gelehrten und wortreichen Erklärung des Gemäldes den
Namen Aristotele. Dieses ist wahrscheinlich auch sainmt der Zeich-
nung zu Grunde gegangen, denn Glas Bild in I-Iollshain ist kaum
das Original des Bastiano, sondern wahrscheinlich nur alte Copie
eines Theils desselben. Für diese Annahme spricht auch die Zeich-
nung, die, wie Passavant in seiner Iiunstreise durch England be-
richtet, weder des Urleililes würdig ist, noch den Lobeserhebnn-
gen des Vasari von der Clipie des San Gailo entspricht.
Einen neuen Wirkungskreis fand Buonarotti bei der Thronhe-
steigung Julius Il., den der WVunsch beseelte, durch ein Meister-
werk des grössteil Bildhauers seiner Zeit unsterblich zu werden.
Er lud desshalb Michcl-Angelc nach Rum ein, und bot ihm eine
reiche Belohnung an, wenn er für ihn den Eiltwurf zu einem Grab-
mal machen wollte. Jetzt hatte der Künstler einen Gegenstand ge-
funden, der seine ganze Seele beschäftigte. Er sull mehrere N10-
nate nachgesonneil haben, ehe er auch nur einen Strich machte;
zuletzt aber trat er mit einer Zeichnung hervor, die an Schönheit,
Grossartigkeit, durch die prächtigen Standbilder und durch ve-
schmackvolle Verzierung selbst die bis dahin bekannten Denkmäiler
des Alterthinns übertraf. Der hochherzige Julias war hingerissen
von dem VVerke des geistvollen Künstlers, und nun reifte in ihm
auch der Entschluss, dem heiligen Petrus einen prachtvollen Tem-
pel zu bauen, in welchem dann das Mausoleum Platz finden sollte.
Allein Julius erlebte die Vollendung dieser beiden Werke nicht,
und das Grabmal wurde zu S. Pietro in Vincoli errichtet, wo es
noch steht. Der Pabst betrieb zwar die Ausführung mit aller Eile,
und schon stand die colossale Statue des Moses, welcher in der
Mitte des prächtigen Denkinales zu sehen ist, bald fertig da, und
auch einige andere Standbilder waren theils ganz, thcils halb vollen-
det, als der bedachtsaine Gang der Iiunst und der erforderliche
Aufwand den Pabst mürrisch machte, und die Sache das Ansehen
gewann, als" läge ihm an der Vollendung gar nichts mehr. WTenn
der Künstler Geld forderte, um Blöcke aus den DIIai-morbrüchen
von Carrara nach Rom kommen zu lassen, so fand er "kein Gehör,
und zuletzt liess ihn Julius gar nicht mehr vor. Diese Behand-
lung beleidigte den Iiünstler empfindlich, und er bat daher die
Hüllinge des Pabstes, sie möchten sagen, wenn letzterer nach ihm
fragen sollte, er könne ihn anders wo suchen lassen, und reiste
eiligsl: von Rom ab. Dieser Schritt überraschte und bekiixnmerte
den heftigen Julius. Er schickte fünf Eilboten nach einander ab.
den Künstler zu besänftigen und zur Rückkehr zu bewegen, er-