Volltext: A - Boe (Bd. 1)

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Berretlini 
(Bcretino) , 
Pietro. 
und die Figuren und Gruppen in einander verbunden, als alle Ma 
ler, die vor ihm gewesen sind. Uebi-igeyis rügt er auch den Man- 
gel an Ausdruck, und dass er sich mehr auf die allgemeine YVir- 
kung, als auf die VVahrheit einschränkt." 
Giitheinseiner Schrift: Winckelinanu u. sein Jahrhundert S. 178, be- 
urtheilt den Iiünstler kurz so: „Berretini war wenigerbemüht, die Ge- 
stalt der Dinge selbst, als blos den Schein ihrer Gestalt darzustellen; doch 
vergütet er die Fehler der Zeichnung, welche in seinen VVerken durch- 
aus etwas Schwerfalliges hat, mit heiterer Fruchtbarkeit der Erfin- 
dung und holdem Reiz junger weiblicher Figuren, mit fröhlich 
blühendem Colorit und harmonisch abwechselnclen Farben. Diese 
letzte Eigenschaft verdient hauptsächlich bemerkt zu werden, dass 
dieselbeisein eigenthiimlichcs Verdienst ist, welches weder vor, 
noclrnach ihm kein anderer in dem Maasse besessen hat." 
Nach Lanzi I. 232 d. Ausg. unterscheidet sich dieser Iiünstler 
von allen andern durch den Contrast, d. h. den Gegensatz von 
Gruppe gegen Gruppe, Figuren gegen Figuren, Theileu gegen 
Theilen. Uebrirrens, tährtLanzi fort, vollendet er gewöhnlich nur, 
was mehr auffallen sollte, vermeidet die starken Schatten, liebt die 
Halbtinten und minder hellen Gründe, colorirt ungesucht und ist 
Erfinder und Haupt eines Styls, den Mengs leicht und geschmack- 
voll nennt. Er wendete ihn mit Beifall in Gemälden von jeder 
Grösse an; aber in den grossriiumliehen, noch mehr an Decken, 
Kuppeln, Vertiefungen, trieb er ihn zu einer Lieblichkeit, welche 
stets Bewunderer und Nachahmer finden wird. Diese richtige Ver- 
theilunä, welche er, von der Baukunst unterstützt, seinen Bildern 
gibt, diese kunstreiche Steigerung, Wodurch er über den Wolken 
noch die weiten Luftriiume zur Erscheinung bringt, diese Gewalt 
in der Perspektive, diess fast himmlische Spiel des Lichts, diese 
symmetrische Anordnung der Figuren bezaubern das Auge und er- 
heben den Geist über sich selbst. 
„Ein solcher Geschmack," sagt Lanzi, "befriedigt zwar den den- 
kenden Beschauer nicht immer gleichmässig, denn weil er das 
Auge zu gewinnen trachtet, führt er auch müssige Figuren auf, 
damit es dem Ganzen nicht an der herkömmlichen Tülle gebreche, 
und um dem Gegensatze zu fröhnen, müssen sich die Personen in 
den ruhigsten. Handlungen gebärden. Uebrigens trieb Cortuna 
die Uebertreibungen nie so weit, wie seine Nachahmer. Bei die- 
sen ist der leichte Styl in einen naehlässigen, der geschmackvolle 
in einen gekiinstelten ausgeartet."- 
Ueber seine architektonischen Arbeiten sagt Milizia II. 194: 
"Pietro Berrettini war verständig und zierlich in seinen Umrissen, 
und wusste im Ganzen seiner Gebäude ein Ansehen von VVürde 
zu behaupten; allein er störte diese Vorzüge wieder durch den 
wunderlichen Geschmack, womit er sich der verschiedenen Säulen- 
ordnungen bediente." In Rom sind Bauten von ihm; unter die- 
fen zeigt die Kirche Sta. Martina auf dem Campo Vaccino in der 
ausserst geschmacklosen Facade einen höchst auffallend verkehrten 
Styl. Etwas besser erscheinen di'e von ihm angegebenen Vorder- 
seiten der Kirchen S. Maria in via lata und S. lYlaria della Pace. 
Berrettini fand in Rom frühzeitig Gönner an dem Marchese Sac- 
chetti und seinem Bruder dem Cardinal, der ihn dem Cardinal 
Bnrberini empfahl. Auch die Freundschaft des Ritters Marine, für 
den er ebenfalls arbeitete, trug nicht wenig zu seinem Ruhme bei, 
den die Geburt Christi für S. Salvatore in Lauro, jetzt U. L. F. 
zu Loretto genannt, noch mehr begründete und die Ursache sei- 
nes nachherigen Glückes war. Um diese Zeit malte er die Decke 
im weitläufigen Pallaste alle quattro fantaue, den Urban VIII. von
	        
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