Baroccio
(Barozzi
oder
Fiori
Federico),
Friedrich.
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räumen, und tadeln bald die gezwungene Manier, bald eine ge-
wisse gezierte Uebertreibung und achten sein Colorit für verfehlt.
Dennoch finden Iienner in diesem Künstler viele und höchst acht-
bare Tugenden. Mengs bemerkt, dass er seine Gegenstände he-
ständig so vorgestellt habe, als ob sie in der Luft zwischen durch-
sichtigen Wolken erblickt würden , wo die Lichter und Reflexe nicht
ihre gehörige Wirkung thun liessen, und dass er die streitendsten
Farben blos durch die Helle mit. einander in Harmonie zu bringen
suchte. Ramdohr führt in seinem VVerke iiber Malerei und Bild-
hauerei in Rom (I. 298) eine zu strenge Critik über diesen Iiünst-
1er. indem er sagt: "Barucuiu liihrte einen ihm eigenen Geschmack
ßill. aber es war der falschcste, der sich denken lässt. Es ist
nichts Wahres darin, weder in Ansehung des Ausdrucks, noch
der Zeichnung und des Colorits. Seine Grazie ist Affectation, das
Fliessenrle seiiier Umrisse wird zur Unbestimmtheit und der bunte
Glanz seiner gelben Lichter und blauen Schatten gibt seinem C0-
lorite das völlige Ansehen der inodernen Französischen Fechtel-
malerei." Billiger urtheilt I-"inrillo I. 145. Nach diesem Schrift-
steller fühlte sich Baroccio nicht stark genug, dem zügellosen Ge-
schmacke seines Zeitalters zu wider-streben, was selbst zum Theil
von seiner sclivirächlichen Gesundheit und der dadurch erzeugten
Biegsamkeit seines sanften Charakters herrühren mochte. Ueber
einen Fehler, der auch in liamdohfs Critik fällt, drückt er sich
so aus: „Er hatteeinen zu ölichten Pinsel und der allzureichliche
Gebrauch dieser Feuchtigkeit in Zubereitung der Farben ist Schuld
daran, dass alle seine Bilder ins Grüne fallen, als ob sie mit ei-
nem grünen Glase bedeckt wären. Göthe rühmt in seinemVVerkc:
Winkelmann und sein Jahrhundert S. 165, dass Iiaroccio bei allem
dem, was Manier heisst, mit einemieigenthiimlichen Talente, geist-
reich, lieblich, ja manchmal unübertroffen zart gedacht habe.
Bellori hat das Leben dieses Künstlers beschrieben, und auch ein
Verzeichniss seiner Gemälde geliefert. Man findet wenige, die
nicht heilige Gegenstände darstellen, einige Bildnisse und der
Brand von Troja in 2 Blättern auf Leinwand, wovon eines die
Borghesische Gallerie besitzt. Ausserdem diente sein Pinsel der
Religion. In Rom in der Mincrva ist die Einsetzung des Saera-
ments, das ihm Clemens X. auftrug. Die Vallicella hat zwei Bil-
der von ihm: die Heimsuchung und die Vorstellung im Tempel.
Im Dome zu Genua ist eine lirexizigun mit Maria und dem heil.
Johannes und Sebastian, in dem zu gerngia die Abnahme Vßm
Iireuze, ein Bild, in welchem der lebendige Geist des Künstlers
und die sprechende Charakteristik zu verehren ist. Ergreifend ist
das Bild der in Ohnmacht sinkenden Maria, ihr hcrzzerreissender
Schmerz stimmt zum Mitgefühl. Der Iiuecht, welcher Christi Leib
umfasst, der sinkende Christus selbst, bleiben gediegene vortreff-
liche Erfindungen. Dieses Bild entging selbst den französischen
liunstbeutcrn nicht. 1m Dome zu Fermo ist der Evangelist Johan-
nes und in dem zu Urbino das Abendmal. In Sinigaglia ist eine
Grablegung, in Pesaro die Berufung des heil. Andreas und die Be-
schneidung; aber die heil. entzückte Michclina auf" der Schädel-
stätte, die von Cantarini als das Meisterstiiek Baroccids erklärt
wird, ist jetzt im Vatikan. Urbino hat nach dem betenden heil-
FYaÜI-iSCQS bei den liapuzinern und bei den (lonventualen C135
grosse Bild: die Verzeihung, woran er sieben Jahre arbeitete. Er
iiiltß 95 Selbst in Kupfer. Schön ist seine Verkündigung zu Lo-
retto und eine andere unvollendete zu Gubbio, nicht minder das
Martyrthuln des heil. Vitalis in dessen Iiirqhemu Ravenna und die
für den Dom zu Arezzo gemalte, nachher in die Florcntinisathc
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