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An gelico ,
Fmtc
Giovanni.
Auch widerspricht diese Meinung dem Zeugniss des Vasari, dass
sich unter den Schülern dieses Meisters, ausser dem Masolino Pa-
nicale, kein bedeutender und namhaft gewordener Iiiinstler he-
funden habe. Der vorerwähnte Schriftsteller und alle diejenigen,
welche durchaus den Masaccio als den Befreier der Iiiinst von den
hergebrachten Gebrechen verehren, behaupten, dass Angelicu nach
den Werken des Niasaccio studirt habe, wogegen andere die Sache
für unwahrscheinlich halten, da eine bedeutende Verschiedenheit
des Alters zwischen beiden Künstlern obwaltct-
Wenn wir beider Werke mit einander "vergleichen, so finden
wir, dass Giovanni seinen eigenen Weg ging, jedoch lässt sich ei-
nige Aehnlichlaeit zwischen beiden lYIeistei-ii nicht läugnen; selbst
die Handzeichnungen von Masaccio und Angelico in der Florenti-
nischen Sammlung wurden verwechselt und uiitermischt. Bei dem
bescheidenen und deinuthvollen Charakter des Frate, der wohl
ganz entfernt von dem eitlen Hochinuthe war, dass es unzieinend
für den Aeltercn sei, von dem Jiingereirleriien zu wollen, scheint
es keinesivegs unglaublich, dass er die VVerke des Masaccio zu
seiner Ausbildung, wenn auch nicht eben durch Copiren, zu be-
nutzen suchte.
Nicht minder lllßfliTfVilftllg als durch seine Kunst, ist Angelico
durch die fromme Einfalt seines Geiiiüthes und durch seinen wahr-
haft christlichen VVaiidel, wesswegen er nach seinem Tode selig
gesprochen wurde: In_ ihingwar die Iirunst inniger mit der Religion
verbunden, als vielleicht in keinem andern Iiiinstler. Sein Sinn
war ganz ausschliessend auf geistliche Gegenstände gerichtet. Die
Iiunst war ihm nur Mittel zum Ausdruck religiöser Gefühle, und
er war daher ein christlicher llllalcr im allereigentlichsten Verstande.
Man erzählt, dass er nie den Pinsel ergriff, ohne zuvor gebetet
zu haben. Wenn er Bilder des Gelu-euzigtei: malte, fühlte er sich
so durchdrungen von diesem erhabenen (Jegenstande, dass er da-
bei heisse Tliriinen vergoss. Auch scheint er an den Beistand hö-
herer Eingebung bei seinen künstlerischen Hervorbringungen ge-
glaubt zu haben; denn er wollte nie etwas an seinen Gemälden
ändern, weil, wie er sagte, es Gottes VVille gewesen sei, wie er
es nun einmal gemacht habe.
Auch scheinen seiiic VVerlie aus wahrer Andacht hervorgegangen
zu seyn, und ein froinines, von dem Irdischen abgezggeneg Ge-
niiith spiegelt sich unverkennbar in ihnen. lieinein liiinstler ist
vielleicht der iiberirdischc, und mit göttlicher Liebe erfüllte Cha-
rakter der Engel und der Ausdruck der himmlischen Wonne der
Seeligeii so vollkommen, als ihm, gelungen, wesswegen er mit
Recht den Beinamen Angelico erhielt. Starke, kräftige Leiden-
schaften und der Ausdruck des schrecklichen waren hingegen sei-
nein Charakter gänzlich entgegen, und daher haben seine 'I'eufel
ein wahrhaft mesliiiics Ansehen.
Lanzi spricht auf eine unwürdige und zugleich unrichtige VVeise
von da Fießcleä Verdiensten. Er sagt: nach Masaccioyzeichneten
sich zwei Geistliche in der Florentiiaer Schule aus, und "wusste also
wahrscheinlich nicht, dass Masaccio erst 1407 gßbvrßll Wurde, zu.
einer Zeit, wo Angelico in das Dominicaner-Iilostei- trat.
Bei Vergleichung der "Werke des Masaccio mit denen des Ange-
Vlico fällt das Urtheil zu Gunsten des Ersteren aus, jedoch nur in
Iiinsicht der Ausbildung der Iiunst, aber keineswegs, in dem Prin-
zip und in der Anlage derselben. Er ist auch minder gi-ossartig
als Giottn, und seine vorziiglichsten Schüler; hiiigegeil anmuthiger
und gefälliger als diese, und schön in einem dem christlichen Cha-
ralitcr sehr aiigeuisssenen Sinne. Seine Farben sind sehr harmo-