Theaterwesen.
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bildenden Kunst macht sich die Anschauung geltend, dafs
die Götter und Heroen, mit deren Schicksalen sich ja die
Tragödie fast ausschliefslich beschäftigte, an Körpergröfse
über das menschliche Mais hinausragten (vergl. 15, I;
96, 2). Dieser volkstümlichen Anschauung wurde man
auch im Drama gerecht, indem der Schauspieler, sobald
er eine solche Rolle wiederzugeben hatte, seine Gestalt
künstlich vergröfserte. Er zog eine überlebensgrofse
(vgl. 5, 4) Maske über den Kopf, die noch durch einen
mehr oder weniger umfangreichen Aufsatz (4, 9; 5, 3)
erhöht war. Die Füfse ruhten auf ziemlich hohen, höl-
zernen, stelzenartigen Untersätzen, den sogenannten K0-
thumen 5, 7), die natürlich während des Spieles durch
das lang herabfallende Gewand völlig bedeckt waren:
WO sie auf bildlichen Darstellungen sichtbar gemacht
sind, ist es nur aus Rücksicht auf die Deutlichkeit ge-
schehen. Die Gewandung selbst, welche der Priester-
kleidung ähnlich war, trug durch das lange, sehr hochge-
giirtete Unterkleid 5, 7, 9; 6, 1, 2, 4, 5) mit seinen
lang gezogenen Falten zur Vergröfserung der Gestalt bei.
Auch scheinen die Arme durch eine handschuhartige
Fortsetzung eine entsprechende Verlängerung er-
fahren zu haben, und sicher ist es, dafs man, um die
Dicke und Breite der Länge entsprechend zu gestalten,
polsterartige Ausfüllungen zur Anwendung b1'achte. So
fühlte sich denn der hellenische Zuschauer, indem er die
Heroen der Vorzeit in geisterhafter Gröfse über die Bühne
wandeln sah, den Kreisen des Alltäglichen entrückt und
in eine ideale Welt versetzt. Die Schwerfälligkeit der
Bewegungen, welche eine notwendige Folge dieses Ko-
stümes war, entsprach einigermafsen dem würdevollen
Ernste der tragischen Handlung.
Freilich konnte in letzterer Beziehung auch ein greller
Umschwung vom Erhabenen zum Lächerlichen eintreten,