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Theaterwesen.
mit dem bacchischen Kulte loslöste, blieben die Auf-
führungen doch auf bestimmte festliche Veranlassungen,
an denen die ganze Bevölkerung Anteil hatte, beschränkt.
Nirgends im Altertume sank der Theaterbesuch zu einem
Alltagsvergnügen der vermögenden Klassen herab. So
waren denn die Theaterräume in ihrer Anlage für eine
unverhältnismäßig grofse Zuschauermenge berechnet, im
Durchschnitt etwa auf zehnmal so viel Besucher als die
Theater der Neuzeit. Das Münchener Hoftheater bietet
beispielsweise für 2500 Zuschauer Platz, wovon der
fünfte Teil auf das Parkett, also auf einen im griechischen
Theater nicht für die Zuschauer bestimmten Raum kommt.
Die Grofse Oper in Paris fafst noch um einige Hunderte
Weniger Zuschauer, und das wegen seiner Gröfse berühmte
Theater della Scala ist doch nur auf 3600 Zuschauer be-
rechnet. Hingegen bot das Dionysostheater zu Athen
für 27 ooo-goooo, das Theater zu Ephesos sogar für
56 700 Besucher Raum.
Bei dieser ungeheuren Ausdehnung des Zuschauer-
raumes bedurfte es für die Schauspieler grofser An-
strengungen, um mit Wort und Spiel im ganzen Raume
zur Geltung zu kommen. Allerdings war man schon
bei der Anlage des Baues auf eine gute Akustik eifrig
bedacht. Bei Vitruv lesen wir die Vorschrift, die Sitz-
reihen des Zuschauerraumes so anzulegen, dafs eine von
der untersten Reihe zur obersten gezogene gerade Linie
die vorderen Kanten aller Sitze berührt. Befolgte man
diese Regel auch nicht immer mit peinlichster Gewissen-
haftigkeit (2, 4), so erzielte man doch schon durch das
regelmäfsige amphitheatralische Aufsteigen der Sitzreihen
an sich eine Raumgestaltung, die ein gleichmäfsiges Sich-
verbreiten der Stimme förderte. Wenigstens im unge-
füllten Zuschauerraume ist, wie alle Reisenden bestätigen,
die in einem antiken Theater den Versuch gemacht haben,