Tafel XII.
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Opfer des Bacchus. Rechts vom Altare der Opfertisch
mit einem Gefäfse für den Weihegufs.
II. Ein in seiner Art einziger Bau, der offenbar
religiösen Zwecken diente. Die Pfeiler waren nieder-
geworfen, sind aber mit Sicherheit rekonstruiert. Sie
dienten, wie die Löcher auf ihrer Oberfläche zeigen, als
Stützen für Dreifüfse; man hat vermutet, dafs sich hier
unter dem Schutze des Apollo die Abgesandten des
dorischen Städtebundes, zu welchem Knidos gehörte, ver-
sammelten. In einem Winkel der Mauer befindet sich
ein kleines Thor.
I2. In Delphi, dem religiösen Mittelpunkte des
eigentlichen Hellas, befand sich nach dem naiven Volks-
glauben auch der Mittelpunkt der Erde. Zeus selbst soll
ihn bestimmt haben, indem er von den Enden der Welt
Zwei Adler aufeinander zu fliegen liefs. Hier ist der
kegelförmige Stein, der Erdnabel (Omphalos), der die
geheiligte Stätte bezeichnete, dargestellt; er ist mit einem
Netze von Wollbinden, der Kleidung der Wahrsager
bedeckt mit Rücksicht auf die Thätigkeit des
Ürakelgottes. An sich besafs jeder heilige Platz Asyl-
recht, doch war der hierdurch gewährte Schutz keines-
Wegs unbedingt sicher. Derselbe hing vielmehr im
allgemeinen von der gröfseren oder geringeren Ehr-
würdigkeit der Stätte ab, falls nicht durch gesetzliche
BeStimmungen die Bedingungen des Schutzes geregelt
Waren. Wenn die Sage den Orest sich vor den Furien
in das Heiligtum des Apollo flüchten läfst, so liegt
dieser Erzählung die Anschauung zu Grunde, dafs die
Stätte, welche vor menschlicher Bestrafung schützt, die-
Selbe Kraft gegenüber der von den Göttern verhängten
Zu bethätigen vermag.
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