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Kultus.
zu haben schien, glaubte man mit seiner Umgebung sich
unter den Schutz des Gottes zu stellen und zugleich, indem
man sich durch diese Umwindung während der Dauer
des Festes als der Gottheit geweiht bezeichnete, das
feierliche Gepräge der heiligen Handlung zu erhöhen. So
wurde denn auch der Tempel selbst mit dem Götterbilde,
dem Altare und den Opfergeräten ebenso wie das Opfer-
tier mit Kränzen umwunden oder n1it heiligen W011-
binden behängt (13,8; 17,2; vgl. 19,4 u.
Den Gedanken, dafs der Mensch nur im Zustande
innerlicher und äufserlicher Reinheit den Göttern nahe
treten durfte, brachte der Ritus schon in homerischer
Zeit zum sinnbildlichen Ausdruck, indem er, wie bemerkt,
vor Beginn des Opfers das Waschen der Hände "anord-
nete. Ja auch ein Wechsel der Kleidung wird schon in
dieser Zeit bei einem feierlichen Gebete vorgenommen.
In späterer Zeit pflegte man durch Besprengen vermittelst
des Weihwedels (vgl. 16,9; 17,12; 13, 9) die sinnbild-
liche Reinigung auf den ganzen Körper auszudehnen,
nachdem man zuvor das zu diesem Zwecke bestimmte,
oft aus heiligen Quellen entnommene Wasser durch Ein-
tauchen eines brennenden Scheites vom Altarfeuer einer
besonderen Weihe unterzogen hatte. Denn das Element
des Feuers besitzt in hervorragendem Sinne eine reini-
gende und heiligende Kraft; daher denn auch beim
Gottesdienste die Verwendung von Fackeln beliebt War,
die ebenfalls an dem Altarfeuer angefacht wurden
(vgl. 14, 2, 6, 7,10; 15,18). Auch die Einführung des
Räucheropfers gehört erst der nachhomerischen Zeit
an. Die ursprüngliche Absicht bei demselben mag die Be-
seitigung des vom geopferten Fleische sich verbreitenden
übeln Brandgeruches gewesen sein. Man warf deshalb
wohlriechendes Holz oder auch Weihrauch in die Flamme
des Altars. Indessen glaubte man wohl, dafs diese Räucher-