Kultus.
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brannt, in der Regel die in Fett eingehüllten Schenkel-
stücke (vgl. 16,8), die regeln1ässig' auch bei den Tier-
opfern der Ägypter für diesen Zweck bestimmt wurden,
sowie wenigstens in homerischer Zeit die Zungen. Das
übrige Fleisch verzehrten die Festgenossen als Gäste des
Gottes; es müfste denn sein, dafs das Opfer einer ge-
fürchteten oder verabscheuten Gottheit dargebracht wird,
bei der der Mensch nicht Tischgenosse sein mag, wie den
Göttern der Stürme oder dem Gotte der Unterwelt, in
welchem Falle das ganze Tier verbrannt, verscharrt oder
ins Meer geworfen wird.
In homerischer Zeit vollzieht sich das Opfer noch
in einfachen Formen. Wenn das Opfertier an den Altar
geführt ist, bereiten sich die Festgenossen durch Waschen
der Hände auf die Feier vor, dann tritt der Veranstalter
des Opfers an das Tier heran, schneidet ein Büschel
Stirnhaare ab, wirft es in das Feuer und spricht das
Opfergebet. Nun werfen die andern Teilnehmer an der
Feier, die sich rings im Kreise aufgestellt haben, die
Opfergerste, die sie während des Gebetes in der Hand
gehalten hatten, auf das Altarfeuer und auf den Nacken
des Opfertieres. Nachdem sodann das letztere getötet
ist, werden die Schenkelstücke in das Feuer gelegt und auf
dieselben eine Weihespende von mit Wasser gemischtem
Weine ausgegossen. Damit schliefst der erste Teil der
heiligen Handlung; es folgt die Festmahlzeit. Die spätere
Zeit war bestrebt, durch mancherlei Zuthaten die Feier
festlicher zu gestalten. In Anknüpfung an den volks-
tümlichen Baumkultus wurden jetzt die Kränze und die
bald mit ihnen verbundenen, bald sie vertretenden heiligen
Wollbinden in den Gottesdienst eingeführt. Indem man
mit dem Laube derjenigen Baumart, die der gefeierten
Gottheit heilig war oder doch zu ihr in Beziehung stand,
sich selbst und alles schmückte, was an dem Feste Anteil