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Die Kunst des gothischen Styles.
ebenso reicher Phantasie, in schärferer Entwickelung des eigentlich gothi-
sehen Elementes, in unbedingter Hingabe an das englische Stylmuster.
Andre, freilich bedeutend geringere Beispiele der Nachbildung eng-
lischer Frühgothik sind: der östliche Theil der Marienkirche zu Bergen
(nach 1248), der Westbau des dortigen Domes und, wiederumvin etwas
reieherer Formation, der Chor des Domes von Stavanger, auch wie
es scheint, die Kirche von Dale in Sogn, deren Portale besonders ge-
rühmt werden.
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Schweden scheint die gothische Stylform zunächst durch norddeutsche
Vermittelung empfangen zu haben. Die Monumente des Südens, die der
Provinz Schonen, haben namentlich Uebereinstimmendes, mit der deutsch
gothischen Architektur. Zu nennen sind hier, als Beispiele von noch
übergangsartiger Behandlung, die Kirche des 1267 gestifteten Graubrüder-
klosters zu Ystad und die kleine Kirche zu Skanör, als ein Bau von
schlichtgothischer Strenge, die Liebfrauenkirche zu Helsingborg) mit
erhöhtem, aber der Fenster entbehrendem Mittelschiff.) Weiter nörd-
lieh scheint die Kirche von Strengnäs, am Mälar-See, ebenfalls noch
Motive des Uebergangsstyles zu enthalten. Die Kathedrale von UP-
sala, angeblich seit 1287, erinnert an diejenigen Kirchen der deutschen
Ostseelande, die das Schema der französischen Kathedralen in streng
nüchterner Bildung, nach den Bedingnissen des Ziegelbaues umgestaltet,
aufnehmen und als deren erstes Beispiel die Marienkirche von Lübeck
(S, 51) voransteht. Als Baumeister dieser Kathedrale wird ein Franzose,
Etienne de Bonneuil, genannt. Die Bedeutung des französischen
Einflusses, der hiemit bezeichnet zu sein scheint, das Wechselverhältniss
zwischen den baulichen Unternehmungen der nördlichen und der südlichen
baltischen Küstenlaude wird in Zukunft hoifentlich durch eingehendere
Forschungen, als über diese Punkte bis jetzt vorliegen, ermittelt und
festgestellt werden.
panien.
In der spanischen Gothik des 13. Jahrhunderts zeigt sich eine volle
Hingabe an das reiche nordfranzösische Vorbild, modiiicirt durch einen
romantischen Sinn, der sich in Nachklängen des sohmuckreiehen Roma-
nismus dieses Landes, in fortgesetzten Einwirkungen der phantastischen
Motive maurischer Architektur kund giebt. Doch verstatten die bis jetzt
vorliegenden Mittheilungen, denen es auch für die in Rede stehende
Epoche an zureichenden bildlichen Darstellungen fehlt, noch kein näher
eingehendes Urtheil, zumal über die Monumente geringeren Umfanges und
über das, voraussetzlich gerade an diesen sich schärfer aussprechende
nationelle Element.
Das bedeutendste Denkmal im nördlichen Spanien ist die 1221 ge-
gründete Kathedrale von Burgos. Sie hat das nordfranzösische Plan-
"Schema und den entsprechenden Aufbau, mit primitiv behandeltem inne-
rem System, im Chore mit alterthümlichen Motiven, die z. B. die Schäfte