Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 2)

Zweite Periode. 
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im Inneren theils Säulen, theils gegliederte Pfeiler und eine Absidenka- 
pelle, die sich durch eine überaus zierliche Arkade, nach dem Motiv von 
StRemy zu Rheims, nach dem Chorumgange öffnet. (Die übrigen Theile 
der Kathedrale sind später.)  Die Kirche von Semur-en-Anxois hat 
eine vorzüglich anmuthige Durchbildung jenes zweitheiligen Fenster- 
systems mit darüber gestellten Rosettenrund. (Der Kreuzgang neben der 
Kirche in etwas schwererer Behandlung.) 
Die Normandie folgt seit dem Beginne des 13. Jahrhunderts dem 
gothischen System der östlichen Lande in umfassender Weise; aber auch 
sie hält gern an alterthümlichen Grundzügen fest und führt, in Wechsel- 
wirkung mit diesen, zu einer Durchbildung charakteristisch eigner Motive. 
Die bedeutende Entwickelung, welche hier in den späteren Epochen des 
romanischen Styles stattgefunden, die energische Consequenz, Welche sich 
dabei ebenso in der Gesammtgestaltung wie in der Behandlung des Em- 
zelnen geltend gemacht hatte, das kecke und frische Spiel der dekorativen 
Ausstattung, alles dies war dem Geiste der normannischen Meister noch 
zu wenig entfremdet, als dass es nicht auch bei Aufnahme der gothischen 
Formen hätte eine mehr oder weniger bestimmende Nachwirkung aus- 
üben sollen. Zugleich (und wohl aus demselben Grunde) erscheint hier 
nur ein geringes Bedürfniss bildnerischer Ausstattung. S0 entwickelt sich 
llilnfentlißh der Fagadenbau in ähnlich strenger, fest in sich geschlossener 
lllßlsß Wie Schon in der Epoche des romanischen Styles, zumeist ohne 
dle Ucbßrfülle bildnerischer Zuthat, welcheider Gothik der östlichen Nach- 
barlande eigen ist. 
Einige Monumente aus der Frühzeit des 13. Jahrhunderts nehmen 
für den lnnenbau das System der einfachen Säulenarkaden auf, zumeist 
in massiger Haltung- und mit Reminiseenzen der romanischen Disposition 
oder Behandlung. So die 1226 geweihte Kirche von Louviers, die Stifts- 
kirche von Mortain, die Kathedrale von Lisieux. Die letztere, seit 
1226 (wie es scheint) erbaut, hat zugleich eins der früheren Beispiele der 
normannischen Faeadenanlage in ansehnlicher Durchbildung, schon nicht 
ohne schmuckreiche Gliederung innerhalb der strengen Grundformen. 
Die Kathedrale von Rouen enthält verschiedene Grundformen des 
baulichen Systems. Der Hauptbau fällt in die Zeit von 1200-1280; 
einzelnes Wenige mag aus früherer Anlage beibehalten sein; Andres, be- 
wsonders im Aeusseren, gehört den Spätepochen der Gothik an. Im Chor 
herrscht das System der Säulenarkaden, mit alterthümlieh romanisirenden 
Absidenkapellen; im Schiff, welches dem Anscheine nach ursprünglich auf 
Emporcn berechnet war, ein System gegliederter Pfeiler, dem von Fecamp 
(S. 15) vergleichbar. Die Facade hat eine eigenthümliche, auf mächtige 
Breitenausdehnung berechnete Anlage, mit zwei Thürmen, die als selb- 
ständige Massen über die Seitenduchten des Ganzen vertreten; die alten 
Theile der Fagade haben einen sehr primitiven Charakter, doch ist die- 
selbe zum grösseren Theil von späteren Dekorationen bedeckte- D19 
Abteikirche von Eu folgt im Innenbau den Systemen der Kathedrale 
von Rouen. 
	        
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