Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 2)

von Versailles, in welcher Tausende von Bildern  freilich des ver- 
schiedensten Werthes  die Grossthaten der „grossen Nation" schildern. 
Ist damit unleugbar etwas Bedeutendes gewonnen, und die Kunst mit 
dem wirklichen Leben und der Geschichte des Volkes innig verbunden, 
so lässt sich andrerseits nicht leugnen, dass die Aufgabe im Sinne einer 
Verherrlichung der „gloire" gar zu äusserlich gefasst ist und fast aus- 
sehliesslieh glänzende (Zeremonien oder Schlachten zur Darstellung gekom- 
men sind. So bewundernswürdig nun Leistungen wie die von Horace 
Vernet in den berühmten Riesenbildern der afrikanischen Kämpfe sind, 
so wird ein tieferer Antheil an diesen Werken bald abgestumpft und auf 
die Dauer gehen Geist und Gemüth dabei doch leer aus. Tüchtige G-e- 
schichtsmaler sind ausserdem Couder, A. Decamps, der auch in orien- 
talischen Volksschilderungen Meister ist, der edle'Paul Delaroche, der 
in scinen- historischen Bildern auf feine psychologische Schilderung aus- 
geht; ferner der drastische Maler mittelalterlicher Schreckensscenen Ro- 
bert Fleury, der aifektvolle Leon Cogniet, neuerdings der glänzende 
Schüler Delarochds, T11. Couture u. A. Als glänzender Bildnissmaler 
vornehmer Kreise ist der aus Deutschland stammende Fr. Winterhalter 
hervorzuheben.  In Belgienl hatte der nationale Aufschwung, der die 
Befreiung des Landes und die Begründung eines selbständigen Staats- 
lebens herbeiführte, die Wiederbelebung der Kunst in unmittelbarem Gre- 
folge. WVappers Heldenthat des Bürgermeisters van der Werif, Gallaiüs 
Abdankung Karls V., de Biefve's Compromiss des niederländischen Adels, 
und N. de Keysefs Schlachtenbilder sind bedeutende Ergebnisse dieser 
lebensfrischen, auf energischem Realismus beruhenden Richtung. Doch 
ist die Mehrzahl dieser Meister später in einseitige Farbenvirtuosität und 
leere Bravour versunken, und nur Gallait hat durch neuere Werke wie 
seine Schützengilde bei den Leichen Egmonfs und Horn's u. a. sich auf 
der Höhe erhalten.  In Deutschland hat zuerst die Schule von Düssel- 
dorfg unter Wilhelm Sohadow's Leitung sich einem freieren, aber auf 
gemüthlicher Auffassung beruhenden Naturalismus zugeneigt. Doch war 
derselbe in der ersten Epoche der Schule seinem Inhalte nach romantisch 
und sentimental befangen, seiner Form und Technik nach überwiegend 
auf naturgemässe Durehbildung des Colorits gerichtet. Die YVerke von 
Bendemann (Jeremias, trauernde Juden u.  Sohn (die beiden LED: 
noren, Romeo und Julie, Tasso u.  Hildebrandt (Söhne Eduards) 
erregten ihrer Zeit allgemeine Begeisterung und trugen hauptsächlich dazu 
bei, der deutschen Malerei eine höhere Theilnahme im gebildeten Theile 
des Volkes zu verschaffen. In gleicher Richtung waren J 111, Hühner, 
H. Stilke, Steinbrück und vornehmlich K. F. Lessing thätig, von 
denen der letztere jedoch bald den Uebergang zu einer geschichtlichen 
Auffassung bedeutender Momente des nationalen Lebens (Huss- und Lu- 
therbilder) fand.  In verwandten Richtungen bewegten sich anfänglich 
auch die Berliner Maler,3 obwohl kein innerer Zusammenhang, keine 
strengere Gemeinsamkeit des Strebens sie verband. Waclfs religiöse 
Bilder, Kolbe's romantischmovellistisehe Sccnen, C. Begas' vielseitige 
1 Denkmä 
der Kunst, 
2 Ebenda, 
131. 
Ebenda,
	        
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