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Holzschnitt und Kupferstich bis zum Ende
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an; doch erscheint er, was seine höhere Bedeutung anbetrifft, dem jün-
geren Kupferstich bald untergeordnet. Mehr oder weniger rohe Stempel
von verschiedener Art, wie sie seit den Zeiten des grauen Alterthums
für mannigfaltige Zwecke gefertigt waren, gaben das Vorbild zu den
Holzschnitten. Mit dem Anfange des 15. Jahrhunderts begegnen uns die
ersten, für den Abdruck gearbeiteten Werke dieser Art, rohe Umriss-
zeichnungen auf Spielkarten und auf Heiligenbildern. Das frühste Datum,
welches sich auf einem dieser Blätter, einer Darstellung des h. Christoph,
vorfindet, ist die Jahrzahl 1423; (es sind zwei Abdrücke davon bekannt:
einer, aus der Karthause von Buxheim, in der Bibliothek des Lord Spencer
zu Althorp, ein anderer in der kais. Bibliothek zu Paris). Doch ist neuer-
lich in Zweifel gestellt worden, 0b sich die angegebene Jahrzahl auf die
Entstehungszeit des Blattes beziehe; die Darstellung selbst hat noch das
Gepräge des gothischen Stylesß Den Blättern solcher Art schliessen
sich sodann, als Hauptbcispiele, verschiedene xylographische Bilderbücher
an, deren Entstehung um die Mitte und in das dritte Viertel des fünf-
zehnten Jahrhunderts fällt, Darstellungen der Apokalypse, des Hohen
Liedes, die sog. Armenbibel, den sog. Heilspiegel u. dgl. m. enthaltend.
Auch in ihnen ist die Behandlung durchweg noch einfach und roh; den
Umrisszeichnnngen wird nur zum Theil eine spärliche Schattenangabe
beigefügt. Von bedeutenderem Einfluss auf die Ausbildung des Holz-
schnittes war, gegen den Schluss des Jahrhunderts, Michael Wohlge-
muth; die unter seiner Leitung gefertigten Blätter zeigen zuerst das Be-
streben nach einer bestimmteren Schattenwirkung.
In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entwickelte sich eine so
bedeutende, wie erfolgreiche Thätigkeit im Fache des Holzschnittes. Vor-
nehmlich gehört dieselbe der fränkischen Schule und den Künstlern ver-
wandter Richtung an. Fast alle namhaften Meister dieser Zeit liessen
ihre Compositionen, oft in blätterreichen Reihenfolgen, durch das Messer
des Holzschneiders vervielfältigen; so vornehmlich Albrecht Dürer, so
Burgkmair, Scheuffelin, Lucas Cranach u. a. m. Dass diese Mei-
ster selbst in Holz geschnitten, dürfte nur für den seltensten Fall anzu-
nehmen sein; nur Niclaus Manuel von Bern erscheint bestimmt auch
als selbstthätiger Holzschneider. Im Allgemeinen haben die Holzschnitte
dieser Zeit den Charakter freier Federzeichnungen, die, zum Theil wenig-
stens, mit grosser Sorgfalt und Genauigkeit ausgeschnitten, zumeist jedoch
nicht eben mit besondrer Rücksicht auf die Technik des Holzschnittes
angelegt sind. Die vorzüglichste Ausnahme hievon machen die nach
Holbein's Zeichnungen gefertigten Holzschnitte, in denen die eigenthüm-
lichen technischen Bedingungen beobachtet und zugleich in geistreich
künstlerischer Weise ausgebildet sind; als den Formschneider, der die
bedeutendsten Arbeiten nach Holbein gefertigt, nennt man, nicht ohne
grosse Wahrscheinlichkeit, Hans Liitzelburgerß Gleichzeitig er-
1 Ein seither (1841) zu Mecheln entdeckter Holzschnitt, jetzt im Besitz des
Barons von Reiifenberg zu Brüssel (Madonna zwischen vier sitzenden Heiligen
in einem Garten) trägt zwar die Jahrzahl 1418, scheint aber aus Gründen des
Styles und des Costüm's erst einige Jahrzehnte später entstanden zu sein.
2 Die grosse Streitfrage des 19. Jahrhunderts, ob Holbein seine Holzschnitte selbst