Die französische
Historienmalerei.
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Werke des Charles Lebrun (1619-1690), der unter Ludwig XIV.
vorzugsweise die künstlerischen Unternehmungen zu leiten hatte, bezeich-
net. Lebrun ist ein Mann von bedeutendem und an sich sehr achtbarem
Talente; aber er wandte dasselbe wesentlich nur dazu an, jene theatra-
lische Scheingrösse, welche für diese Epoche der französischen Geschichte
so charakteristisch ist, zur künstlerischen Ausbildung zu bringen. Seine
grossen und umfassenden Darstellungen haben ein pomphaft dekoratives
Gepräge, in welchem er seinem Zeitgenossen Oortona fast ebenbürtig zur
Seite steht; inneres Gefühl, individualisirende Gestaltung, Klarheit und
Gemessenheit in Auffassung und Anordnung werden in ihnen mehr oder
weniger vermisst. Wie er sich zum Herrscher über die Kunst seiner
Heimath aufsehwang, so folgt dieselbe auch willig seinen Schritten, nur
dass sich im Verlauf des 18. Jahrhunderts statt jener aifektirten Gross-
artigkeit mehr und mehr ein süsslich fades Element einmischt. Es mag
genügen, hier einige der namhaftesten unter seinen Mitstrebenden und
Nachfolgern anzuführen: Pierre Mignard (1610-1695, besonders als
Portraitmaler berühmt), Noel Coypel (1628-4697), Charles de la
Fosse (1640-1710), Jean Jouvenet (1644-1717, ein Maler, bei
dem ein Streben nach ernsterer Würde ersichtlich wird), Hyazinthe
Rigaud (1659-1743, und Nicolas Largilliere (1656-1746), beide
in Bildnissen ausgezeichnet), Pierre Subleyras (1699-1749), Fran-
gois Bucher (1704-1770, der damals sogenannte „Maler der Grazien")
u. A. m.
englische Historienmalerei.
Die
In England treten zuerst im 17. Jahrhundert einheimische Künstler
von namhafter Bedeutung auf, deren Thätigkeit jedoch ziemlich aus-
schliesslich auf das Portraitfach, nach dem Vor-bilde des Holbein, des van
Dyck und vieler anderer Maler des Auslandes, die in England gearbeitet
hatten, beschränkt bleibt. Als tüchtige Meister dieser Art sind zu nen-
nen: in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts William Dobson und
der Schotte George Jamesone, in der zweitenHälfte Richard Gib-
son und der Miniaturmaler Samuel Cooper. Ihnen schliesst sich, als
der berühmteste, wiederum ein Ausländer an: Peter van der Faes,
genannt P. Lely aus Westphalen (1618-1680). Dann folgt Gottfried
Kneller (1648-1723), von dem die Portraitdarstellung, im Sinne seiner
Zeit, mehr nach der Weise eines theatralischen Effektes behandelt ward.
Als Historienmaler blühte neben diesem James Thornhill (1676 bis
1734), ein entschiedener Anhänger der damaligen französigghen Schule.
Eigenthümliche Elemente machen sich in der englischen Malerei des
18. Jahrhunderts bemerklich, die, obschon zunächst ohne bedeutenden
Erfolg und obschon im Ganzen keineswegs frei von der allgemeinen
Schwäche der Zeit, dennoch in Bezug auf das Streben Beachtung verdie-
nen und die uns als die Vorboten eines neuen und inniger belebten Zll-
standes der Kunst gelten dürfen. Diese betreffen insbesondere eine neu
eröffnete Thätigkeit im Gebiete einer romantisch-historischen Malerei,
und zwar vornehmlich einen ausgedehnten (gegenwärtig zerstreuten) Cy-
clus von Darstellungen, welche den Gedichten des Shakespeare gewidmet