deutsche
Die niederländische und
Historienmalerei.
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ist in diesem Bezuge seinen ilorentinischen Zeitgenossen vergleichbar.
Solcher Eigenthümlichkeit gemäss werden die Formen seiner Gestalten
zu einem zarteren Adel, sein Colorit zu einem weicheren Schmelz umge-
bildet; doch verläugnet auch er nie die Grundlage seiner nationalen Auf.
fassungsweise. Zugleich ist van Dyck im Fache der Porüaitdarstellung
von höchster Bedeutung, namentlich wo es sich um Bildnisse von Perso-
nen der höheren Stände handelt; die Feinheit und Eleganz seiner Be-
handlungsweise, das ruhig Gehaltene in dem Aeusseren seiner Darstellung,
zugleich aber der Scharfblick, mit welchem er die unter der äusseren
glatten Hülle verborgenen Gemüthszustände aufzufassen vermochte, muss-
ten ihn zu den meisterhaftesten Bildern solcher Art befähigen. Werke
aus den Zeiten der vollen Entwickelimg seiner Kraft findet man in den
meisten bedeutenderen Galerien, besonders aber in England, wo er Jahre-
lang als fast ausschliesslicher Maler der vornehmen Welt eine an's Un-
glaubliche gränzende Thätigkeit entfaltete. Oornelius de Vos, Tho-
mas Willeborts, gen. Bosehaert, Martin Pepyn ahmten mit vielem
Glück bald Rubens, bald van Dyck nach, während Theodor Boyer-
mans, Johann Bockhorst, gen. Langen Jan u. a. sich vorwie-
gend an Letzteren anschlossen.
In der holländischen Schule tritt uns zunächst eine Reihe aus-
gezeichneter Bildnissmaler entgegen. Die ausschliessliche Richtung auf
das Portraitfach ist als ein charakteristisches Zeugniss der dortigen Le-
benszustände zu betrachten; die kirchlichen und die feudalen Traditionen
waren zerrissen, und nur die Gegenwart und die Freiheit des Individuums
hatten ihren gültigen Werth. Selbst die Art und Weise der Auffassung
im Portrait ist bezeichnend für die holländischen Verhältnisse, besonders
wenn man sie mit den von Rubens und von van Dyck gemalten Bildnis-
sen vergleicht. Bei einer mehrfach verschiedenen Weise der äusseren
Behandlung erstreben die holländischen Maler vor Allem nur eine voll-
komimene, naiv unmittelbare Lebenswahrheit ihre Gestalten haben ein
gewisses, fast bescheidenes Genügen, was mlt Rubens' zur That hinaus-
drängender Lebenslust, eine Offenheit und. Treuherzigkeit, die mit
dem vornehm Zurückgehaltenen und doch innerlich Bewegten in van Dycks
Bildern in sehr entschiedenem Widerspruche steht. Als vorzügliche Mei-
ster dieses Faches sind hier anzufiihren: Michael Mierevelt (1567 bis
1641) und sein Schüler Paul Moreelze, Cornelius Janson van
Keulen, Theodor de Keyser, Jan v. Ravestyn, besonders aber
die beiden Hauptmeister Franz Hals (1584-1666) und BartholomäuS
van der Helst (1613-1670); einzelne Bilder des letzteren (namentlich
einige im Museum von Amsterdam und im Louvre zu Paris) gestalten
sich zur Darstellung figurenreicher Portraitgruppen, in denen besondere
Momente der Vaterländischen Geschichte festgehalten werden; Sie bilden
Somit einen unmittelbaren Uebergang zur eigentlich historischen Dar-
stellung.
In ähnlicher Richtung bildete sich der gösste und einflussreichste
Maler dieser Schule, Paul Rembrandt van Ryn, 1606 (wahrschemhcher