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bild.
Die
Kunst
1 S. J ahrh.
Historienmalerei.
zwar keinesweges zum eigentlichen Naturalismus führen sollte, hinzu.
Der Gründer dieser Schule war Lodovico Caracci (1555 bis 1619),
dessen Verdienst als Lehrer den Wert-h seiner künstlerischen Schöpfungen
wenigstens aufwiegt. Als ein Hauptwerk, das durch ihn und unter seiner
Leitung ausgeführt ward, sind die Fresken in S." Micchele in Bosco zu
Bologna zu nennen. Ihm schlossen sich vorerst zwei Künstler sei-
ner Familie an, seine beiden Neffen Agostino Caracci (1558-1601)
und Annibale Caraeci (1560-1609). Auch Agostino ist als Maler
nicht von namhafter Bedeutung; als sein bedeutendstes Bild gilt die Com-
munion des h. Hieronymus in der Pinakothek zu Bologna. Bei weitem
das vorzüglichste und werkthätigste Talent der Familie ist Annibale; mit
frischem Sinn und berührigem Geiste weiss er die Vorzüge der verschie-
denen grossen Meister, des Correggo, Tizian, Paolo Verouese, Rafael
u. s. w. sich anzueignen und dieselben bald (was sich freilich befremdlich
genug ausnimmt) in Einem Bilde nebeneinander zu entwickeln, bald nai-
ver nur dem einen oder dem andern zu folgen. Dabei wird er durch
eine lebendige "und sichere Auffassung der Natur getragen; aber auch
ihm gelingt es nur sehr selten, von dem Studium der Antike und der
älteren Meister und von dem Studium der Natur zu der freien Entfaltung
des eignen selbständigen Geistes zu gelangen. Bilder von ihm sind sehr
häufig; als eins seiner wichtigsten Werke sind seine, der antiken Mythe
entnommenen Fresken im Palast Farnese zu Rom zu nennen. Ausser-
dem Hauptwerke in der Pinakothek zu Bologna, im Louvre zu Paris,
dem Museum zu Dresden und der Nationalgalerie zu London.
Aus der Schule der Oaracci ging feine namhafte Reihe von ausge-
zeichneten Malern hervor, von denen die bedeutenderen sich zum Theil
zu einer höheren Freiheit, als bei jenen ersichtlich wird, zu entwickeln
vermochten. Vornehmlich sind unter ihnen die folgenden hervorzuheben:
Domenico Zampieri, gen. Domenichino (1581-1641), einKünst-
ler von allerdings sehr beschränkter Phantasie, daher in dem Ganzen
seiner Composition zumeist voll nüchterner Berechnung, zugleich aber
mit einem gewissen naiven Sinn für das sittlich Schöne begabt, der in
einzelnen Theilen seiner Bilder oft, wie bei keinem seiner Zeitgenossen,
an die glückliche Epoche Rafaels gemahnt. Zu seinen vorzüglichsten
und edelsten Werken gehören die Fresken aus der Geschichte des heil.
Nilus in der Kirche zu Grotta ferrata; die Marter des hl. Andreas
in S. Gregorio zu Rom und die vier Evangelisten in S. Andrea della
Valle daselbst. Von seinen zahlreichen Oelbildern nennen wir die allzu-
berühmte Oommunion des heil. Hieronymus in der Galerie des Vatikan,
Diene mit ihren Nymphen im Pal. Borghese zu Rom und die h. Cäeiliß
im Lellvre- Guido Reni (1575 bis 1642), eine der glänzendsten
Künstlerpersönlichkeiten der Zeit, geistreich, elegant, voll lebendiger
Phantasie und äusserst fruchtbar. In seinen frühern Arbeiten tritt ein
mehr naturaliStiSCheS Element hervor, das bei ihm zuweilen, seiner Eigen-
thümlichkeit gemäß, in einer besonderen Grossartigkeit und Würde er-
scheint, so z. B. in dem Bilde des Gekreuzigten mit Maria und Johannes,
in der Pinakothek von Bologna. Dann mildert sich dies Bestreben,
und einige seiner Bilder, die seiner mittleren Epoche angehören, entfalten