Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 2)

SECIISTES 
KAPITEL. 
DIE 
BILDENDE 
KUNST 
DES SIEBENZEHNTEN 
JAHRHUNDERTS. 
UND 
AGHTZEHNTEN 
[kllgemeine Bemerkungen. 
Mit der Zeit um den Beginn des 17. Jahrhunderts entwickelte sich 
eine neue, kühne Lebensthätigkeit im Bereiche der Kunst, als der Aus- 
druck der erhöhten und bis zum gewaltigen Sturnie liinausbrausenden 
Bewegungen, die sich gleichzeitig im Bereiche des Geistes kund gaben. 
Der Katliolicismus hatte die Gefahr erkannt, die er sich selbst durch 
Vernachlässigung der geistigen Entwickelungen bereitet, er rüstete sich 
aufs Neue mit Iallen Kräften _und Mitteln, die ihm zu Gebote standen; 
er schuf sich e1n neues, begeistertes Ritterthum (den Orden der Jesuiten) 
und begann den Kampf, der dem Verderben des Gegners gewidmet sein 
sollte. Aber der Protestantismus begegnete ihm mit gleicher Kraftan- 
strengung; er trat auf gleiche Weise gerüstet in das äussere Leben hin- 
aus, und beide Parteien mochten sich, als sie endlich, ermattet, vom 
Kampfe abliessen, den Sieg zuschreiben. Heftige und ungestüme Leiden- 
schaften waren durch den Kampf entfesselt worden; sie sind es, die uns 
in den neuen Kunstleistungen als zunächst charakteristisch entgegen- 
treten. Sie mussten wiederum eine entschiedener naturalistische Behand- 
lung der Form bedingen; abersie veranlassten dabei zugleich eine eigen- 
thümliche Steigerung der geistigen Auffassung, und zwar eine solche, in 
welcher sich der Fanatismus der Zeit, der das Himmlische ungestüm mit 
weltlichen Waffen verfocht, widerspiegelt. D0ch_ist diese leidenschaft- 
liche, zum Fanatismus, zur begeisterten hExtase sich mehr oder weniger 
hinneigende Richtung nicht als das einzige hrlomeiit, welches die neuen 
künstlerischen Bestrebungen begründet, zu b?trachten_ Auf der Seite, die 
an den alten Lebensinteressen vorzugsweise esthielt, d. h. in den katho- 
lischen Landen, ging man zugleich mit Sorgfalt und mit bewusster Ab- 
sieht auf diejenigen Schöpfungen zurück, in denen die alte Zeit sich am 
glänzendsten offenbart hatte; man studirte die grossen Meister der frühe- 
ren Zeit des 16. Jahrhunderts, man suchte es ihnen wiederum gleich zu 
thun, man war auch in solchem Streben nicht geradezu unglücklich, aber 
man vermochte sich dennoch von einem blos verständigen Studium Zu 
freier, lichter Entfaltung des Geistes nicht zu erheben; die Bestrebungen
	        
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