Spanien.
449
Spanien.
Endlich tritt uns eine namhafte künstlerische Thätigkeit, dem Fache
der Malerei angehörig, in Spanien entgegen. 1 XVir können zwar, aus
mehreren Andeutungen, die uns in den Berichten über spanische Kunst
vorliegen, vermuthen, dass auch hier sich bereits früher, wohl schon in
der Zeit des 15. Jahrhunderts, eine selbständig nationale Schule entwickelt
habe (man vergleicht die älteren spanischen Bilder besonders mit Albr.
Dürer ob richtig, ob nicht eher mit den Niederländern, das mag da-
hingestellt bleiben es fehlt uns indess hiefür gegenwärtig noch an
der genügenden näheren Kunde. Nur bei einzelnen Meistern des löten
Jahrhunderts sehen wir, ähnlich wie bei den Niederländern Mabuse, Ber-
nardin van Orley und ihren Zeitgenossen, eine alterthünilich einheimische
Richtung im Kampf mit der ausgebildeten italienischen Darstellungsweise,
bis diese auch hier allmählich das Uebergewicht erhält. 2
Einer der Meister dieser Zeit, Luis de Morales, mit dem Beinamen
el Divino (der Göttliche, 1509-1590), der weit überschätzt werden ist,
genügt zwar in seinen früheren Bildern, wo ihm namentlich der Aus-
druck des Schmerzes wohl gelingt und seine Farbe einen zarten Schmelz
erreicht; später aber sinkt er zu einem der unleidlichsten Manieristen
herab, und entfernt sich in Zeichnung, Ausdruck und Farbe immer wei-
ter von der Natur. Den Uebergang zur italienischen Kunstrichtung,
und zwar zu einer manieristischen Nachahmung des Michelangelo bezeich-
net vornehmlich Vicente Joanes von Valencia (1523-1579). So auch
Pedro Campaaa von Sevilla (von Geburt ein Niederländer, 1503 bis
1580), ein Künstler, der indess in Bezug auf die grossartige Einfalt der
Composition und auf die lebhafte Energie der Darstellung sehr gerühmt
wird; so besonders in seiner Kreuzabnalnne, in der Kathedrale von
Sevilla.
Doch zeigt sich schon früher eine entschiednere Aneignung der ita-
lienischen Darstellungsweise. S0 bereits im Anfange des Jahrhunderts
bei Pablo de Aregio und Francisco Neapoli, die als Nachfolger
des Leonardo da Vinci erscheinen, namentlich in ihrem Hauptwerk, den
Tafeln des Hochaltares in der Kathedrale von Valencia (1506). Aehnlich
auch bei Hernan Yaiiez (um 1530). Andre schliesscn sich sodann
der Richtung Rataels und Michelangelds an: Alonso Berruguete
(1480-1582); Luis de Vargas (1502-1558), den man als einen vor-
züglich talentvollen Nachfolger Rafaels rühmt, besonders in seinen zahl-
reichen Bildern, die sich in den Kirchen von Sevilla vorfinden; Pedro
de Villegas Marmolejo, und lilafßß Perez de Alesio, beide
Nachfolger des Luis de Vargas, der letztere von Geburt ein Römer;
Gaspar Becerra, u. A. m.
Verschiedene von den späteren Malern des lü-Jahrhunderts hielten
1 Eine Anschauung spanischerDarstellungsweise giebt vornehnmlich das Werk:
Colleocion lithographica de cuadros del rey de Espaiza Don Fernando VII.
Vgl. Passavant, die christl. Kunst in Spanien. 1 Denkm. der Kunst, T. 84, A,
Kugler, Handbuch der Kunstgeschichte. II. 29