Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 2)

Die selbständige Sculptur in Stein und Holz. 
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in Figuren von Kalkstein auf einem Grunde von rothem Marmor dar- 
stellend, verfertigte; eine sehr sorgfältige und zierliche, wenn auch etwas 
trockene Arbeit. 
Andere Leistungen von nahe verwandter Richtung sehen wir, schon 
beträchtlich früher, in Thüringen. Doch fehlen uns hier die Namen der 
Bildhauer. In diesem Betracht sind einige Werke zu Erfurt zu nen- 
nen; zwei vom Jahre 1467, in der dortigen Severikirche: das Hautrelief 
des Erzengels Michael über einem Altare, eine treifliche Arbeit, und die 
Sculpturen des reichdekorirten Taufsteines; sodann eine kleine, mit gros- 
ser Feinheit und Reinheit gearbeitete Madonnenstatue, im Besitz des 
Domdechanten Würschmidt. 1 
Einen ähnlich frei entwickelten Styl hat ferner ein sehr bedeutsames 
Monument, das grosse marmorne Grabdenkmal Kaiser Friedrieh's IIL, 
in St. Stephan zu Wien. Dasselbe wurde von dem Bildhauer N iclas 
Lerch aus Strassburg und unter seiner Leitung gefertigt (1467-1513). 
Es ist ein mächtiger Sarkophag, auf dessen Deckel die Gestalt des Kai- 
sers ruht; an den Seiten sind, in figurenreichen Reliefs, die acht frommen 
Verbrüderungen, welche der Kaiser gestiftet hatte, dargestellt, ausserdem 
eine grosse Menge anderer, zum Theil mehr dekorativer Figuren. Der 
Sarkophag ist von einem Geländer umgeben, welches ganz durchbrochen 
und ebenfalls mit vielen Statuen geschmückt ist. Man zählt an dem 
Monument mehr als 240 Figuren.  Gleichzeitig mit demselben wurde 
der ebenfalls marmorne Taufstein von St. Stephan, mit den, durch geist- 
reiche Behandlung ausgezeichneten Relieffiguren der Apostel, durch einen 
Meister Heinrich gefertigt (vollendet 1481).  Später (1523) ein 
grosses Hochrelief der Kreuztragung, aussen an der Kirche, in einer 
Nische am Chor; der Meister desselben heisst Conrad Vlauen. Die 
freiere Schönheit des Styles in der Gewandung scheint hier mehr auf ein 
verwandtschaftliches Verhältniss zur schwäbischen Kunst zu deuten? Aus 
etwas späterer Zeit wird ein Relief in gebranntem Thon in St. Georg zu 
Wiener Neustadt besonders gerühmt.  Die geschnitzten Thüriiügel 
an der Kapuzinerkirche zu Salzburg sind von einer altern Kirche ent- 
lehnt und tragen das Datum 1470. 
Ein sehr eigenthümlicher und höchst bedeutender Meister erscheint 
in der späteren Zeit des 15. Jahrhunderts in Schwaben, Jörg Syrlin 
der ältere von Ulm. 3 Ihm wird von Einigen das schon oben (bei A. 
Kraft) angeführte Tabernakel des Ulmer Münsters, auch der mit den 
Brustbildern von acht Heiligen versehene Taufstein desselben (1470) und 
ein Singepult (1458) im Besitz des dortigen Vereins für Kunst und Alter- 
thum zugeschrieben. Als eine sichere Steinarbeit seiner Hand ist der 
sogenannte Fischkasten, der Marktbrunnen von Ulm (1482) anzuführen, 
aus dessen Mitte eine mit drei tüchtigen ritterlichen Statuen geschmückte 
1 Schorn, über altdeutsche Sculptur, etc. S. 15.  2 Die Abbildungen bei 
Tsischka, der St. Stephansdom in Wien, T. 37-40, T. 24, T. 42, reichen nicht 
hin, um über die obengenannten Werke ein bestimmteres Urtheil, rüeksichtlich 
ihrer Stylverhälmisse und ihrer künstlerischen Durchbildung, auszusprechen. Per- 
gelä der Dom zu St. Stephan ill Wiell-  3 Grüneisen und Manch, 11111175 Kmlst" 
leben, S. 29, f. S. 69, ff.  Vgl. Merz, im Kunstblatt, 1845, S- 373-
	        
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