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A. Malerei.
die folgenden, bis um 1532, zeichnen sich durch die feinste Durchbildung,
grössere Freiheit der Bewegung und durch einen warm bräunlichen
Fleischton aus; die spätem (beginnend mit dem herrlichen Kaufmanns-
portrait im Berliner Museum) nehmen, bei noch mehr entwickelter
Freiheit, einen kühleren, vorherrschend röthlichen Ton an. Die histori-
schen Compositionen Holbeins, wie die in der Barbers-Hall und im Bri-
dewell-Hospital zu London, bestehen im Wesentlichen ebenfalls nur
aus einer, zwar mit grossem Geschmack durchgeführten Zusammenstellung
von Bildnissen. Als ein bedeutendes, eigentlich kirchliches Bild dürfte
ausser einigen sehr frühen Gemälden in der Augsburger Galerie nur
ein Altarwerk im Münster zu Freiburg im Breisgau, die Geburt Christi
und die Anbetung der Könige enthaltend, anzuführen sein; sodann die
berühmte, in der Darstellung höchst vollendete, wenn auch in den Mc-
tiven ungleiche und in der gewaltigen Kraft der Färbung bis zur Härte
gesteigerte Passion in acht Feldern, in der öffentlichen Sammlung zu
Basel, und einiges Andere ebendaselbst; wie z. B.: Skizzen, Nachbildun-
gen und einzelne abgenommene Ueberreste der Fresken antik politischen
Inhaltes, womit Holbein das Rathhaus geschmückt hatte, sowie eine
Menge von energischen und geistvollen Tuschzeiclmungen, meist für Glas-
maler. Das Höchste des Familienandachtsbildes, was der nordische
Geist erreichen konnte, ist in der Madonna mit der Familie des Bürger-
meisters Meyer ausgedrückt, welche in zwei echten Exemplaren, demjeni-
gen der Galerie von Dresden und dem von Darmstadt (im Besitz der
Frau Prinzessin Elisabeth von Hessen) vorhanden ist. Das vollkom-
menste Actbild der nordischen Kunst ist der todte Christus in der Samm-
lung zu Basel. Als ein Werk endlich, in welchem sich die kühnste
Poesie, obschon ganz im deutschen Charakter der Zeit ausspricht, sind
die nach seinen Zeichnungen ausgeführten Holzschnitte des Todtentanzes
zu nennen; hier erreichte der tragische Humor und die vernichtende
Ironie, die solcher Darstellung gebühren, eine Höhe, dass sie Alles über-
bieten, was in ähnlicher Weise je geleistet worden ist. Diese Holzschnitte,
nachmals in einer grossen Menge von Nachbildungen verbreitet, erschienen
zuerst zu Lyon, im Jahr 1538.
Als ein tüchtiger Nachfolger Holbeiifs im Fache der Portraitmalerei
ist Christoph Amberger von Augsburg anzuführen, als ein gerin-
gerer Hans Asper von Zürich.
In wesentlich abweichender Richtung von den oberdeutschen Schulen
tritt in der späteren Zeit des 15. Jahrhunderts die fränkische Schule,
die ihren HauPtSitZ in Nürnberg hat, auf. Ihr Streben geht vorzugs-
weise auf energisßhe und mannigfaltige Charakteristik, und demgemäss
auf scharfe, bestimmte Formenbezeichmmg, im Gegensatz gegen den
Ausdruck einer milderen Gemüthsstimmung und gegen die weichere
Durchbildung des Colorits, die bei den oberdeutschen Meistern jener Zeit
vorherrschen.
Der erste vorzüglich bedeutende Meister der fränkischen Schule ist