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Jahrh.
Malerei.
sieht man von einem Meister Rueland aus Wien acht Tafeln mit Dar-
stellungen aus dem Leben Christi und seines Vorläufers, zu Klosterneu-
burg, von tiefer Empfindung, edlem Schönheitssinn und zarter lichter
Farbenstimmung. Von ganz andrer Hand im Belvedere zu Wien (dort
fälschlich dem Wohlgemuth zugeschrieben) ein grosses Altarwerk v. J. 1511,
durch grossartigen Styl, hohen Sinn für Schönheit und ein leuchtendes, klares
Colorit ausgezeichnet, dessen österreichischer Ursprung aber zweifelhaft er-
scheint. Mehrere Bildtafeln auf Goldgrund in der Spitalkirche zu Z n aym,
Passionsscenen enthaltend, scheinen eine Nachwirkung der älteren böhmi-
schen Malerschule zu bekunden; Wandgemälde in einem Gemache des Schlos-
ses Blatna in Böhmen dagegen an die Weise Martin Schön's zu erinnern.
Von hoher Bedeutung sind umfassende Wandgemälde an verschiedenen
Orten der österreichischen Lande. Die wichtigsten darunter sind die
höchst ausgedehnten, auch durch die Fülle ihres Inhaltes sehr merkwür-
digen Malereien des Kreuzganges der Kirche zu Brixen, die aus ver-
schiedenen Decennien des 15. Jahrhunderts herrühren, darunter mehrere
inschriftlich von einem Meister Jakob Sunter (1472), dem man auch
die nah verwandten, zum. Theil geradezu übereinstimmenden der Kapelle
in Schloss Brughiero zu Nonnb er g in Tirol vom J. 1461 zuschreibt.
Andere Wandgemälde, 1490'von Hans Leuttner ausgeführt, Kreuz-
tragung und Kreuzigung darstellend, in der Kirche zu Hallstadt, sollen
an Wohlgemuth erinnern. In Niederösterreich enthält die Kirche von
St. Johann eigenthümliche Darstellungen der Dreifaltigkeit, der Taufe
und des Messopfers, ebenfalls aus der Spätzeit des 15. Jahrh. U. s. w.
In ähnlicher Richtung und zum Theil unter unmittelbarem Einfluss
der schwäbischen Malerei entwickelten sich, nach dem Anfange des löten
Jahrhunderts, einige ausgezeichnete künstlerische Erscheinungen in der
Schweiz. Für das eben angedeutete verwandtschaftliche Verhältniss ist
zunächst der Umstand nicht ohne Bedeutung, dass der ältere H. Holbein
sich in der späteren Zeit seines Lebens von Augsburg nach Basel bege-
ben hatte und dort thätig war; dann lassen sich Einflüsse der elsassisehen
Schule des M. Schongauer erkennen. Der erste-Meister höheren Ranges,
der in der Schweiz auftritt, ist N icolaus Manuel, mit dem Zunamen
Deutsch, von Bern (1484-153O).1 Seine Richtung ist zunächst der
des Sehühlein und Schaffner zu vergleichen, doch fehlt es ihm nicht, wie
jenen, an der tieferen Durchbildung des Colorits; auf seine frischere Ent-
faltung wirkte ein Aufenthalt in der venetianischen Schule (um 1511).
günstig ein. Seine Darstellungen zeichnen sich durch eine eigne Leichtigkeit
und Sicherheit aus, mehr noch durch den Reichthum der Ideen und durch
eine kecke, bewegliche Laune, welche die phantastiseh-humoristischen
Elemente der Zeit auf eine freie, selbst grossartige Weise auszuprägen
wusSfe- Die bedeutendsten Werke, die sich von seiner Hand erhalten
haben, Werden in der öffentlichen Sammlung von Basel aufbewahrt,
namentlich drei grosse Temperabilder aus seiner früheren Zeit, sodann
Malers und Dichters
eines
Leben und Werke
1 C. Grüneisen, Niclaus Manne],
etc. im 16. Jahrhundert.