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Die nord.
16. Jahrh.
A. Malerei.
gekrönte Maria, zu beiden Seiten drei singende Engel. Im Museum von
Florenz: eine Madonna zwischen zwei Engeln, und ein Doppelportrait.
Zu Chiswick in England: eine Madonna mit Engeln, Heiligen und Do-
natoren. Bei Hrn. Rogers in London ein männliches Bildniss, als
Memlings eigenes Portrait geltend (1462), in der Moritzkapelle zu Nürn-
berg (dort Jan, van Eyck genannt) das Bildniss des Cardinals von Bour-
bon. In der öiientlichen Sammlung zu Strassburg eine Verlobung der
h. Katharina; im Louvre zu Paris zwei einzelne Tafeln mit Maria Mag-
dalena und Johannes dem Täufer; bei Hrn. Gatteaux ebendort ein zier-
liches Bildchen im Styl des Ursulakastens, die Madonna mit dem Kinde
und sechs Heilige darstellend; bei Graf Duchatel, ebenfalls in Paris,
eine der grössten und bedeutendsten Altartafeln des Meisters, die aus
Spanien stammt: die Madonna auf einem- Thron, in reicher gothischer
Architektur, vor ihr der Stifter und seine Frau sammt den Kindern knie-
end und von dem heil. Jacobus und Stephanus empfohlen. Neuerlich
wird auch das berühmte Altarwerk der Marienkirche zu Danzig (1467),
welches in kühner und grossartig poetischer Auffassung eine Darstellung
des jüngsten Gerichtes enthält, mit Bestimmtheit Memling beigelegt. 1
Wie mehrere der vorgenannten Gemälde ein miniaturartiges Gepräge
tragen, so war Memling auch in der eigentlichen Miniaturmalerei höchst
ausgezeichnet? In diesem Betracht ist namentlich ein grosses Gebetbuch,
das berühmte Brevier des Cardinals Grimani, bestehend aus 831 Blättern,
in der Bibliothek von S. Marco.zu Venedig, anzuführen, dessen Male-
reien von ihm und seinen Schülern Livin von Antwerpen und Ger-
hard von Gent ausgeführt wurden. Dieser Livin ist vermuthlich eine
Person mit Livin de Witte _und wahrscheinlich der Maler einer treff-
lichen Anbetung der Könige in der Pinakothek von München (als Jo-
hann van Eyck benannt), sowie eines__ zweiten, denselben Gegenstand
vorstellenden Bildes bei H. Aders in London?
Die holländische Malerei entwickelte sich unter unmittelbarem Ein-
fluss der flandrischen Schule. Hier tritt Albert van Ouwater zu
Haarlem als entschiedener Nachfolger des Joh. van Eyck auf, welchem er
in einer Klage „über dem Leichnam Christi" (k. k. Galerie zu Wien)
an Lebendigkeit der Charaktere, Ausdruck und Vollendung kaum nach-
steht, nur dass das Verhältniss seiner Gestalten mehr gestreckt, der Ton
1 Siehe die Mittheilungen Passavanüs im Kunstblatt 1847, Nro. 32, ff.
Früher Schrieb man dieses Werk Michael Wohlgemnth, Johann van Eyck, Hugo
van der Goes, A. van Ouwater, u. A. zu. 2 Ueber niederländische Miniaturen
bes. Waagen, Kunstw. und Künstler, a. m. O. u. Kugler, Kleine Schriften, I,
S- 55- 63; 90- H, 18. 9 Für die gewirkten Tapeten waren die Niederlande
damals die grosse Werkstatt. (S. bes. Labord e, les ducs de Bourgogne, Seßßllde
Partie, Tome I, 11- J ubin a1, anc-iennes tapisseries, ein colorirteS Pfaßhfwerk).
Grosse Vorräthe dayon werden noch im Hotel de Cluny zu Paris, bei den Ka-
thedralen Von Rhelms, Beauvais etc., im Berner Münster u. a. a. O. aufbe-
wahrt. Weitaus das bedeutendste jedoch, wahre Meister- und Musterwerke alt-
iiandrischer Kunst, sind die Gewänder eines höchst kostbaren Prachtornetes in
der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien, die alles andere Derartige aus jener
Zeit überragen.