Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 2)

Die Meister der venetianischen Schule. 
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der Farben, mit Absicht ausbildet (seine Hauptwerke "im Museum von 
Berlin); so bei den Gebrüdern Dossi, namentlich bei dem begabten 
farbenglühenden Dosso Dossi, der sich durch eine freiere Energie vor- 
theilhaft auszeichnet, in späterer Zeit aber meist in ungezügelte Phan- 
tastik verfällt (seine Hauptwerke in der Gal. von Dresden; ein andres 
kolossales Werk von ergreifender Wirkung im Ateneo zu Ferrara; ein 
treffliehes Altarbild im Dom zu Modena; eine Circe im Palast Borghese 
zu Rom; Fresken, meist früh, tizianiseh, im Schloss zu Ferrara);  
so auch bei einigen andern, mehr untergeordneten Künstlern. 
Andere unter den Schülern Rafaels haben keine selbständig hervor- 
tretende Bedeutung. Einiger, wie des Cesare da Sesto und des Gau- 
denzio Ferrari, ist bereits bei den Schulen gedacht worden, denen sie 
mehr als der seinigen angehören. Auch der Venetianer Giovanni 
Nanni da Udine (1487-1564), der bei den Dekorationen der Logen 
des Vatikans vorzüglich betheiligt war und der sich überhaupt in der 
zierlichsten Behandlung der dekorativen Malerei auszeichnete, ist bereits 
genannt worden. Im PalqGrimani zu Venedig mehrere gewölbte Decken 
mit ungemein schönen und heitren Dekorationen in prächtig gesättigter 
Färbung. 
Die Meister 
der 
Schule. 
venetianischen 
Die Blüthe der venetianischen Malerei entwickelte sich auf dem 
Grunde derjenigen Bestrebungen, welche der Schule von Venedig bereits 
am Schlüsse des 15. Jahrhunderts eine-eigenthümlich ausgezeichnete Be- 
deutung gegeben hatten. Wir haben gesehen, wie dort das antikisirende 
Element der paduanischen Schule und der feine, durch flandrischen Ein- 
fluss geweckte Naturalismus mit heiterem, liebenswürdigem Sinne zu einer 
in sich einigen Richtung verschmolzen waren. Mit erhöhter Energie strebte 
man nunmehr in derselben Richtung fort, und man erreichte das Ziel, 
die freudige ItIerrlichkeit der antiken Kunst,  nicht etwa in äusserlich 
getreuer Nachahmung ihrer einzelnen Werke  sondern ihr inneres 
Wesen, aus der Tiefe eines vollen, freien Gefühles, neu zu gestalten, sie 
neubelebt in die Gegenwart einzuführen. Wie in den Werken der vene- 
tianischen Sculptur (z. B. in denen der Lombardi, in den Arbeiten der 
Münz- und Gemmenschneider), so bildet auch hier das verwandtschaft- 
liche Verhältniss zur Antike den Grundzug des künstlerischen Strebens; 
aber was dort in der That mehr oder weniger nur in dem Gepräge der 
Nachahmung erschienen war, das tritt uns hier, durch jenen Naturalis- 
mus vermittelt, in freiem selbständigem Leben entgegen Wir sehen in 
diesen Bildern dasselbe hohe, bedürfnisslose Genügen des Daseins, die- 
selbe Läuterung der körperlichen Existenz, die in der Antike unsere Be- 
wunderung erwecken?  Sie sind Zugleich mit aller Wärme des Lebens 
effßSSt, Sind Wieder unmittelbar gegenwärtig geworden, und erscheinen 
somit in allem Zauber des Lichtes und der Farbe, in welchem unser 
 
1 Denkmäler der Kunst, T. 80. 
Kugler, Handbuch der Kunstgeschichte. 
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