und seine Nachfolger.
Buonarroti
Michelangelo
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ist sein zweites grosses Werk im Fache der Malerei, die 60 Fuss
hohe Darstellung des jüngsten Gerichtes an der Altarwand der sixtini-
sehen Kapelle, begonnen um 1534, beendet 1541. Dies Werk, so kunst-
reich dasselbe im Einzelnen auch ausgebildet ist, steht dem Vorigen in
sofern bedeutend nach, als hier der hohe, geläuterte Adel fehlt, der den
schönsten Vorzug von jenem ausmacht; in den himmlischen Schaaren na-
mentlich vermissen wir allen Hauch der Verklärung, der für solche Dar-
stellung doch unbedingt nöthig ist. Dennoch tritt uns, trotz dieses Man-
gels, auch hier die grossartige Kraft des Meisters in ihrer ergreifendsten
Gewalt entgegen, und in den niedern Scenen, in dem Sturze der Ver-
dammten, in ihrem Kampfe mit den Dämonen, u. s. w. hat er auch hier
das Erhabenste geleistet. Etwa gleichzeitig mit dem jüngsten Gericht
sind noch zwei andere Fresken seiner Hand, in der paulinischen Kapelle
des Vatikans, die Kreuzigung Petri und die Bekehrung Pauli darstellend,
auch sie nicht ganz ohne erhebliche Vorzüge.
Für die Tafelmalerei bewies Michelangelo kein sonderliches Interesse.
Von solchen Arbeiten bezeichnet man nur zwei Werke mit Bestimmtheit
als von seiner Hand gefertigt: die in Tempera auf Holz ausgeführte
Madonna in der Tribuna der Uffizien zu Florenz, ein Werk von küh-
ner, wenngleich etwas gewaltsamer Oomposition, und gewissenhaftester,
schärfster Durchbildung der Form, und eine (halbvollendete) Madonna
mit dem Kinde, Johannes dem Täufer und vier Engeln, von grossartiger
Schönheit, jetzt im Besitz des Mr. Labouehere in Londonß Dagegen
hat er nicht selten Zeichnungen zu "Staifeleibildern geliefert, die sodann
von seinen Schülern in Farben ausgeführt wurden. Eine Reihe von zum
Theil grossartig bedeutsamen Compositionen findet sich in solcher Art
mehrfach in den Gemäldesammlungen verbreitet: die Verkündigung Mariä,
die heil. Familie, Christus am Oelberge, der gekreuzigte Erlöser u. s. w.,
1 Das merkwürdige, von Condivi deutlicher und ausführlicher als von Vasari
beschriebene Gemälde, welches der fünfzehnjährige Michelangelo nach dem M.
Sehömschen Kupferstich, der h. Antonius von bösen Geistern geplagt, ausführte,
findet sich, nach meiner festen Ueberzeugung, nicht m Bologna, wie Biancon-i
und Giordani u. A. angeben, sondern in Paris, in den Händen eines als Künst-
ler und einsiehtsvoller Lieblpber gleichbedeutenden Mannes, des Bildhauers Henri
de Triqueti, der dasselbe 1841 in Pisa fand. Das Bildchen, auf Holz in Tempera,
gemalt, misst 47 Centim. Höhe und 35 Cent. Breite. Es giebt ganz genau den
M. Schörßschen Stich wieder, ausgenommen in derliandschaft, wo ausser dem
Felsen mit einigen dürren {Bäumen unten in der hnken Ecke, der Maler auch
rechts einen kleinen Felsen und dazwischen das Thal des Arno, ein Segelschiff-
chen auf dem Fluss und. Hügel in der Ferne angebracht hat, Der Himmel ist
hell. Der Kopf des Heiligen ist ungemein zart und weich, bei der grössten
Schärfe und Vollendung, in dem hellgrünlichen Ton der Temperamalerei jener
Zeit durchgeführt ohne alle Trockenheit; er ist von schönem, edlem Charakter,
Viel mehr ilorentinisch als deutsch, ebenso sind die Härten in dem Faltenwurf gemil-
dert. Der Heilige trägt eine schwarze Kutte, sein fliegender Mantel ist von dunk-
lem Lila. Die Hände sind jugendlich zart, fein, zierlich und scharf gezeichnet.
Der Farbenton ist durchaus in der Art Ghirlandajds. Die Färbung der Unge-
thüme erinnert lebhaft an die Beschreibung Condivfs, z. B. das fischartige links
Oben mit den glänzenden Schuppen und den grossen rothen Flossfedern, Wie man
sie in der That an einem gewissen Fische des Arno ündet. Das Bildchen ist,
mit Ausnahme von Wurmlöchern, vollkommen erhalten. O. M. -