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Kunst in d. ersten Hälfte d. 16. J ahrh.
bild.
Die ital.
Malerei.
der dortigen Kirchen, in S. Celso eine sehr schöne Taufe Christi, u. a.
Die vorzüglichsten Werke sieht man zu Varallo. Hier stellte er, in
der Kap. del Sacro Monte, den Opfertod Christi in einer grossen, höchst
umfangreichen Composition dar, und zwar die Hauptfiguren als eine freie
Statuengruppe (doch naturgemäss bemalt), an den Wänden eine grosse
Menge zuschauender Personen, an den Gewölben klagende Engel. Einen
nicht geringeren Reichthnm an Fresken besitzt, ebendaselbst, die Kirche
der Osservanti (seit 1507 und 1510). So auch Vercelli, namentlich
die dortige Kirche S. Cristoforo (1532 und 1535); ein Abendmahl im
Refectorium von S. Paolo. In Saronno malte er die Kuppel der Kirche
mit anmuthvollen Engelschaaren aus (1535). U. a. m. Als letzte Haupt-
werke seiner Hand sind zwei Fresken, Geisselung und Kreuzigung Christi,
in S. Maria delle Grazie zu Mailand zu nennen (1542), dann der heil.
Paulus vom J. 1543, für dieselbe Kirche gemalt, jetzt im Louvre, und
endlich das noch spätere aber in Ausführung und Färbung trockene
Abendmahl in der Kirche der Passione zu Mailand. Bernardino
Lanini und andere Nachfolger des Gaudenzio Ferrari sind wenig be-
deutend.
Ferner übte die Richtung des Leonardo einen wesentlichen Einfluss
auf die Entwickelung des Gianantonio Bazzif gen. il Sodoma,
aus (geb. um 1474, gest. 1549). Dieser Künstler ist aus Vercelli gebür-
tig und hat seine erste künstlerische Bildung in der Lombardei unter dem
Einfluss Leonardds erhalten; nachnials gewann er durch Anschauung der
Florentiner Kunst und dann in Rom durch die Werke RafaePs manche
neue Eindrücke, die er selbständig zu verwerthen wusste; später liess er
sich in Siena nieder. Die Werke, welche der Zeit seiner schönsten künst-
lerischen Kraft angehören, haben das Gepräge einer überaus anmuthvollen,
doch ebenso hohen und selbst ernsten Süssigkeit. Zu seinen früheren
Werken, die noch eine mehr alterthümliehe und strenge Richtung erken-
nen lassen, gehören die Fresken im Klosterhofe von M. Uliveto mag-
giore bei Buonconvento (1505) (neben denen des L. Signorelli), sodann
die in der Farnesina zu Rom, aus der Geschichte Alexanders des Grossen;
in den letzteren tritt sein eigenthümliches Streben schon bedeutsam hervor.
Seine Meisterarbeiten aber finden sich in Sienaz? namentlich in der
Kirche S. Domenico, Kapelle der h. Katharina von Siena, wo er die Le-
gende dieser Heiligen auf eine wunderbar ergreifende Weise dargestellt
hat; und im Oratorium von S. Bernardino, wo die Mehrzal der Fresken
(aus der Geschichte der lßlaria) von seiner Hand herrührt; ausserdem
verschiedene andere Wandbilder und Altartafeln. die jedoch nicht durch-
weg den gleichen Werth haben, darunter die früheste, eine Kreuzabnahme
in S. Francesco, die in den Charakteren an Leonardo, in den Farben
1 Bisher irrthümlich Razzi genannt. Vgl. Vasari, ed Lemfmn. XI. p. 161.
2 Einige Blätter 1n der vliaccolta delle piü celebri pitture eslstenti nella eittä
di Siena."