342
Die ital. bild. Kunst in d.
ersten Hälfte d.
Jahrh.
Malerei
gefecht, eine Scene aus der Horentinischen Geschichte, dar; Leonardo
arbeitete denselben im Auftrage der ilorentinischen Regierung und im
Wettkampfe mit Michelangelo; die höchste und gewaltigste Aeusserung
des Lebens war hierin, in den Menschen wie in den Thieren, aufs Er-
greifendste zur Erscheinung gebracht. Leider kennen wir diesen Oarton
(wenn nicht etwa nur einen Theil desselben) einzig nur aus einem spä-
teren Kupferstich, von der Hand des Edelink, den dieser nach einer von
Rubens gefertigten Zeichnung gestochen hat; hier erscheint das Ganze,
obschon mit rüstigstem Sinne aufgefasst, doch wesentlich in die schwe-
rere Darstellungsweise des Rubens übertragen. Der erstgenannte Carton
hatte, als er öffentlich ausgestellt ward, ganz Florenz zur Bewunderung
hingerissen; der zweite, in ähnlicher Art wie der gleichzeitig von Michel-
angelo gefertigte Carton, ward förmlich als eine Schule für die jüngere
Künstlerwelt betrachtet. Im J. 1516 wurde Leonardo durch König
Franz I. nach Frankreich berufen, und starb dort nach wenigen Jahren.
Unter den Werken, die, ausser den ebengenannten, bei der Betrach-
tung von Leonardos Thätigkeit im Fache der Malerei vornehmlich zur
Sprache kommen dürften (denn sehr Vieles wird ihm ganz irrthümlich
zugeschrieben), sind zunächst die folgenden hervorzuheben: Als eine sei-
ner früheren Arbeiten das Wandbild einer Madonna mit dem knieenden
Stifter, im Kloster S. Onofrio zu Rom. Sodann das kolossale und über-
aus grossartige Freskobild einer Madonna mit dem Kinde, zu Vaprio.
Ferner die Bildnisse des Galeazzo Maria Sforza und seiner Gemahlin, in
der Sammlung der ambrosianischen Bibliothek zu Mailand, noch streng
behandelt, somit als frühere Arbeiten des Meisters zu betrachten; das
männliche Bildniss minder anziehend, zudem stark verrieben, das weib-
liche dagegen von wunderbarer Schönheit und malerischer Vollendung.
Ebendaselbst mehrere andre, in farbigen Stiften entworfene Bildnisse,
zum Theil, trotz der Flüchtigkeit der Anlage, von grosser Schönheit.
Eine Anbetung der Könige in den Uffiej von Florenz, eine grosse
und reiche Composition, zwar nur untermalt, aber von unschätzbarem
Werthe. Aehnlich behandelt ein kleines Bild des heiligen Hieronymus,
aus der Sammlung Fesch, jetzt in der des Vaticansß Mehrere ausge-
zeichnete Madonnen und h. Familien, zum Theil von Schülerhand; eine
saugende Madonna im Pal. Litta zu Mailand; eine heilige Familie, die,
mit gewissen Veränderungen, mehrfach vorkommt, im Mailändischen, in
der Galerie der Eremitage zu Petersburg, in englischen Galerien (die
bekannteste Oomposition dieser Art führt den Namen der Vierge au basrelief,
und das eigentliche Original derselben befindet sich bei Lord Warwiok
auf seinem Landsitz Gatten Park; eine höchst bedeutsame heilige Fa-
milie, unter dem Namen der Vierge aux roclzers bekannt, doch vielleicht
nur von einem der Schüler ausgeführt, im Museum von Parisf u. s. w.
1 Das Jünglingsportrait in den Uffizien ist dagegen eben so wenig wie das
weibliche Bildniss lIl der Qalerie Pitti (die sogenannte "mollälßa di Lionardo")
von Leonardo. Was endlich den "Goldschmied" daselbst anbetrifft, so ist dies
Meisterwerk eines der vollendetsten Bildnisse des Lorenzo di C redi. O. M.
2 Auf einem Exempler 1m Besitz des Lord Suifolk in England (Charlton-
Park) hält Waagen die Köpfe für Leonardos Hand.