Oberitalien und Neapel.
Die Meister von
335
und er stammte aus Lucca. 1 Drei Werke seiner Hand, sämmtlich nebst
mehrern andern zu Bologna befindlich, stellen ihn den gediegensten
Meistern der Zeit gleich: das eine ist eine figurenreiche und höchst wür-
dig gehaltene Gruppe lebensgrosser Statuen, aus Thon, welche den Tod
der heil. Jungfrau darstellen, im Oratorium della Vita (1519); das andre
ein Relief der Auferstehung Christi, voll klarer, einfacher Schönheit, über
einer Seitenthür von S. Petronio (1526); das dritte die Marmorreliefs am
Untersatz der Arca in S. Domenico, geistvolle und schöne Miniatursculp-
turen erzählenden Inhaltes. Frühere und sehr tüchtige Arbeiten in Thon
sind von ihm die Halbfiguren der Apostel im Dom von Ferrara, die
Gruppe der Kreuzabnahme in S. Pietro zu Bologna, vielleicht auch die
Apostelköpfe in S. Giovanni in monte ebendaselbst. Von Guglielmo
Bergamasco findet sich in S. Giovanni e Paolo zu Venedig eine
Marmorstatue der h. Magdalena, welche die reife Schönheit tizianischer
Frauen in Stein darstellt und bei einer freilich nicht ganz plastischen
Auffassung doch durch den grossen Reiz der Behandlung, z. B. der Hand,
anzieht.
Jacopo Tatti aus Florenz (1479-157O), der ursprünglich ein
Schüler des Andrea Sansovino war und nach diesem gewöhnlich J acopo
Sansovino genannt wird, hatte wesentlich unter dieser Inspiration einige
beinahe grossartig naive Werke geschaffen: eine grosse Madonna in
S. Agostino zu Rom und einen lebhaft bewegten Bacehus, jetzt in den
Ufiizien zu Florenz, wozu noch als Werk der höchsten Anstrengung die
Statue S. Jacobus d. im dortigen Dome zurechnen sein möchte. In
seinen spätcrn Arbeiten zeigen sich grosse Verschiedenheiten; einige sind
im Charakter dieser früheren gehalten, andere oifenbaren einen unplasti-
sehen, doch nicht unedeln Naturalismus der Auffassung, einige wenige
auch den Einiluss Michelangelds. Diese zweite Epoche im Leben Jaco-
po's begann, als er seinen Aufenthalt zu Rom (nach der Plünderung dieser
Stadt durch die Franzosen, 1527) mit dem zu Venedig vertauscht hatte
und hier durch zahlreiche Werke, sowie durch eine bedeutende Anzahl
von Schülern, die seinen Styl nachzuahmen strebten, bis an seinen Tod
den bedeutendsten Einfluss ausübte. Jedenfalls gehört Jacopo Sansovino
nicht zu jenen einseitigen Nachahmern des Michelangelo, wie deren in
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts so viele auftauchten, die nur in
der Uebertreibung der Einseitigkeiten des Meisters das Heil für die
Kunst zu finden wähnten; im Gegentheil ist in seinen Arbeiten häufig
eine zartere Formengebimg, eine eigenthümliche Liebenswürdigkeit zu
bemerken, die ebensosehr, wie dem eigenen Sinne des Künstlers, eines
Theils wohl den Nachwirkungen seines ursprünglichen Meisters, andern
Theils dem allgemeinen künstlerischen Streben, in welches er zu Venedig
eintrat, zugeschrieben werden muss. Unter den mannigfaltigen Werken
seiner Hand, welche Venedig besitzt, sind besonders die in S. Marco,
und unter diesen namentlich die reiche Bronzethür der Sacristei, hervor-
11111611811; Sodann die theils Von ihm: theils von seinen Schülern gefertig-
ad Alfonso
1 O. Frediani, intorno
blatt, 1835, Nro. 73.)
Oitadella,
etc.
Schornüsohes Kunst-