Die Meister von
Oberitalien und Neapel.
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und hat in diesem Kunstfache Vieles gearbeitet; doch hat er auch man-
cherlei Werke andrer Gattung, zum Theil von kolossalster Dimension
geliefert. Seine Arbeiten haben insgemein, in der Anordnung wie im
Style, einen mehr dekorativen Charakter. Längere Zeit hielt er sich in
Frankreich auf, wohin er von Franz I. berufen war. Aus dieser Zeit sei-
ner künstlerischen Thätigkeit ist Manches erhalten; so das elegante, mit
grosser Zartheit ausgeführte Bronzerelief der Nymphe von Fontainebleau,
jetzt im Museum von Paris; ein zierliches, aus Gold gearbeitetes und
mit figürlichen Darstellungen geschmücktes Salzfass, in der k. k. Samm-
lung zu Wien; und ein noch reicheres Schmuckwerk, ein Rittersehild,
der mit Figuren, Masken, Arabesken u. dergl., von kunstvoller getriebe-
ner Arbeit, versehen ist, gegenwärtig in Windsorcastle, George-Hall,
in England. ' Von den lebensgrossen, aus Silber gearbeiteten Statuen,
die Benvenuto für Franz I. gefertigt hatte, und von dem ungeheuren
Modell einer Marsfigur (deren Kopf u. a. als Schlafgemach benutzt ward)
ist Nichts mehr vorhanden. Unter den Werken, die er später in Italien
arbeitete, mag hier die Bronzestatue des Perseus, in der Loggia de" Lanzi
zu Florenz, ein ziemlich nüchternes Werk, und eine treffliche Bronze-
büste des Oosimo I., im dortigen Museum, angeführt werden; so auch die
in einem ausgezeichneten ornamentistischen Style gearbeitete Fassung
eines Grebetbuches, dessen Miniaturen von Giulio Clovio herrühren, in
der Bibliothek von Neapel. Als Medailleur wird Benvenuto weiter unten
noch einmal genannt werden.
In etwas abweichender Richtung erscheint Nicolo Pericoli, ge-
nannt il Tribolo, (1500-1565). Die Hauptarbeiten dieses Künstlers
sieht man an der Facade von S. Petronio zu Bologna; in der Kirche
ein grosses Relief mit der Himmelfahrt lXIai-iä. Die hier befindlichen Ar-
beiten des Jacopo della Quercia, vorzüglich aber die Werke des Andrea.
Sansovino scheinen auf seine Richtung nicht ohne Einlluss gewesen zu
sein; er entfaltet sich von solcher Grundlage aus, ohne dass man ihn
zwar den ersten Meistern zuzuzählen hätte, zu einer ihm eigenen Heiter-
keit und Anmuth, die indess einer gewissen grossartigen Haltung keines--
wegs entbehrt.
Oberitalien und Neapel. 2
Die Meister von
Lebhafteund anziehende Entwickelungsmomente linden sich zu An-
fange des 16. Jahrhunderts in der oberitalienischen Sculptur, Vornehmlich
im Gebiete von Venedig. Wie bei den venetianischen Seulpturen der letzten
Zeit des 15. Jahrhunderts, zo zeigt sich auch hier die von der paduanisehen
Schule ererbte vollkommen antikisirendo Darstellungs- und Behandhmgs-
weise des Einzelnen, nur in der freiem, minder scharfen und strengen
1 Waagen, Kunstw. unfl Künstler inEngland, I, S. 165. Ein ähnlicher
und ähnlich werthvoller Schild befindet SlCh in der Waffensammlung des Prinzen
Karl von Preussen zu Beriln. Hier mag bemerkt werden, dass überhaupt die
italienische Kunst jener Zelt _an Waiferiarbeiten dieser Art mannigfach trßmißhe
Werke hervorgebracht hat, W18 an solchen die ebengenannte Sammlung eine ganze
Reihenfolge der schätzbarsten Stücke enthält. 2 Denkmälender Kunst, T. 73.