Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 2)

DRITTES 
KAPITEL. 
DIE 
ITALIENISCHE BILDENDE KUNST IN DER ERSTEN 
DES SEOHSZEHNTEN JAI-IRHUNDERTS. 
HÄLFTE 
Allgemeine Bemerkungen. 
Der Anfang und die ersten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts brachten 
die bildenden Künste Italiens zu dem Gipfelpunkte ihrer Entfaltung. 
Diese Erscheinung war ein Erzeugniss der allgemeinen Culturverhältnisse, 
die sich, was den angegebenen Zeitpunkt anbetriift, für Italien äusserst 
günstig gestalteten. Die neue Geistesrichtung, die mit der Zeit des fünf- 
zehnten Jahrhunderts in die Welt eintrat, hatte allerdings auch das ita- 
lienische Leben mächtig durchdrungen; die im Vorigen besprochenen 
künstlerischen Bestrebungen geben dessen ein vollständiges Zeugniss; den- 
noch war sie nicht so gar tief gegangen, dass sie hier den inneren Kern 
des Lebens angegriEen, dass sie die alte Zeit vernichtet und ein völlig 
neues Dasein begründet hätte. Sie bedurfte dies zunächst um so weni- 
ger, als die Interessen des romantischen Zeitalters in Italien überhaupt 
(wie dies früher vielfach angedeutet ist) nicht so ausschliesslich vorge- 
herrscht hatten, wie im Norden; sie brachte hier somit im Wesentlichen 
nur eine Umwandlung der alten Existenz hervor. Die künstlerische Ent- 
wickelung Italiens erscheint, trotz all jener, seit dem Beginn des 15. Jahr- 
hunderts eingetretenen Veränderungen, dennoch als eine stetig fortschrei- 
tende. Man war der realen Elemente der Darstellung Herr geworden, 
man hatte den Sinn durch das Studium der Antike gebildet und geläu- 
tert; mit einer hohen und freien Anschauung der Welt und des Lebens 
wandte man sich nunmehr auch den grossen Ueberlieferungen der Ver- 
gangenheit aufs Neue zu, und schuf in solcher Art Werke, die, sicher, 
gemessen und würdig in ihrer körperlichen Erscheinung, zugleich das 
erhabenste Geistesleben bekunden mussten. Das Begehren der Zeitge- 
nossen kam solcher Sinnesrichtung förderlichst entgegen. Machtvolle und 
hochgebildete Päpste, wie Julillß II. und Leo X., Herren, Städte und 
Privatleute erkannten es, dass sie durch die Veranlassung solcher Werke, 
mehr als durch alles übrige Thun, ihren Tagen das schönste Denkmal 
stiften würden. Um die Meister der Kunst, welche die lichtvollen Höhen
	        
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