Die toscalüsche
Schule.
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Vorerst mag hier der Baumeister Filippo Brunelleschi (1375
bis 1446) genannt werden, der sich auch in Bildnerarbeiten versuchte,
Er nahm an jenem Wettstreite des Jahres 1401 für die Bronzethüren
des Baptisteriums von Florenz Theil. Das von ihm zu diesem Zwecke
gelieferte Relief ist neben dem des L. Ghiberti im Museum von Florenz
erhalten; es zeigt, der Richtung des Donatello ähnlich, viel Studium der
Form und auch Nachahmung der Antike, steht indess gegen den Adel
und die Vollendung des Ghiberti beträchtlich zurück. Ausserdem kennt
man von ihm ein grosses, in Holz geschnitztes Crueiiix, in S. Maria No-
vella zu Florenz. Er arbeitete dasselbe, um ein ähnliches Oruzifix von
Donatello (das sich in' S. Oroce befindet) zu überbieten; der letztere er-
kannte ihm selbst den Vorrang zu, doch will es scheinen, dass dies Ur-
theil sich vornehmlich nur auf die Ueberwindung technischer Schwierig-
keiten, die auch hier sichtbar wird, gründe.
Von einem Bruder Donatellds, Simone, sind mancherlei Arbeiten
vorhanden, die indess keinen ausgezeichneten Kunstwerth haben. Er ar-
beitete zum Theil gemeinschaftlich mit dem (schon als Baumeister ge-
nannten) Antonio Filarete. Von beiden gemeinschaftlich, obschon
zumeist dem letzteren zugeschrieben, rühren u. a. die Bronzethüren an
dem Haupteingange der Peterskirche von Rom (etwa zwischen 1439 bis
1447 gefertigt) her; an den Reliefs derselben sind die grössern Figuren
fast roh naturalistisch und von untergeordnetem Werthe, die kleinen Re-
liefs der Einfassungen hingegen (sachlich merkwürdigen historischen und
mythologischen Inhaltes) gilt angeordnet. und lebendig. Von Filarete
allein ist die eherne Grabplatte Martins V. (gest._1431) im Lateran, mit
der sehr würdigen Reliefgestalt des Papstes; die antikisirende Einfassung
noch etwas streng und mager. Als ein Hauptschüler des Donatello in
Padua gilt Jaeopo Vellano. Aber auch dies ist ein Künstler von sehr
untergeordnetem Rangc, wie seine Bronzereliefs im Ohore der dortigen
Kirche S. Antonio, Scenen des alten Testaments enthaltend (1488), zur
Genüge bezeugen. Ungleich bedeutender ist ein andrer Schüler, Gie-
vanni von Pisa, der ebenfalls in Padua neben "Donatello beschäftigt
war. Von diesem kennt man nur ein, jedoch sehr beachtenswerthes
Werk, ein Relief in gebranntem Thon, die Madonna und verschiedene
Heilige vorstellend, in der Kirche der Eremitani zu Padua.
Andrea Verocchio von Florenz (1432-1488) wird ebenfalls als
Schüler des Donatello bezeichnet. Er fasste das durch den letzteren
und seine Zeitgenossen eingeleitete Naturstudium mit ungemeiner Gründ-
lichkeit und Tiefe auf, und war durch die weitere Ausbildung desselben
von bedeutender Einwirkung auf den Entwickelungsgang der gesammtcn
toseanisehen Kunst; doch mangelt seinen Werken insgemein die höhere
Poesie der Auffassung. Von seiner Hand rühren verschiedene der fül-
den Altar des Baptisteriums von Florenz gefertigten Silberarbeiten her;
sodann mehrere Bronzen: die grosse Gruppe des Thomas und Christus
an Orsanmicchele; eine anziehende, obschon etwas trockne Statue des
David im Museum von Florenz; ein ungemein reizender geflügelter
Knabe mit einem Delphin; auf der Brunnenschaale im ersten Hofe des
dortigen Palazzo vecchio; und die Reiterstatue des Bartolommeo Colleoni