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Die ital.
bild. Kunst des
J ahrh.
Sculptur.
der Abschluss und die Vollendung des Taufbeckens in S. Giovanni, für
welches, ausser Jacopo della Quercia, noch verschiedene andere Künstler
Arbeiten geliefert hatten; in den Uflizien zu Florenz eine äusserst
naturalistische eherne Grabügur.
Ein zweiter Hauptmeister der toscanischen Sculptur ist Lorenzo
Ghiberti von Florenz (1378-1455). Die Arbeiten des Ghiberti, dessen
ursprüngliche Bildung der Goldschmiedekunst angehört, bestehen sämmt-
lich aus Bronzewerken. Noch mehr als Jac. della Quercia bezeichnet er
den entschiedenen Uebergang aus der älteren Richtung (der von Giovanni
Pisano abgeleiteten) in die moderne Kunst. Seine früheren Arbeiten
haben, was die Hauptmotive der künstlerischen Anlage anbetrilft, noch
wesentlich das Gepräge des gothischen Styles, nur dass sich dabei von
vornherein eine grössere Formenfülle und das Streben nach freier Ent-
wickelung und Bewegung bemerken lässt. Auch in seinen späteren Wer-
ken wird dies Gepräge nicht völlig verwischt; aber jetzt tritt, als sehr
bedeutsam, der Einfluss der Antike hinzu und bringt die anmuthvollste
und lauterste Umbildung der ursprünglichen Richtung zu Wege. Doch
nicht blos in der Form an sich, auch in der Composition, und in dieser
noch mehr als in jener, äussert sich in seinen späteren Werken das mo-
derne Element: sofern er nämlich im Relief die in dessen innerem Wesen
begründeten stylistischen Gesetze verlässt und auf eine vollständig male-
rische Anordnung und Wirkung hinstrebt. Dies war allerdings ein be-
deutender MissgriE, da hicdurch ein Zwitterwesen entstehen musste, das
weder nach der einen, noch nach der andern Seite einen beruhigenden
Eindruck hervorbringen konnte. Auch hat diese Neuerung für die spätere
Zeit mannigfach üble Folgen hinterlassen. Ghiberti aber wusste dem un-
ausbleiblichen Widerspruch der Darstellung mit so viel Geschmack und
feinem Sinn zu begegnen, dass derselbe dennoch nicht auf empfindliche
Weise wirkt, wusste überhaupt in seinen Werken, zumal in den späte-
ren, einen so hohen Adel, eine so zarte Anmuth zu entfalten, dass er
jedenfalls den liebenswürdigsten und anziehendsten Meistern der gesamm-
ten modernen Kunst zuzuzählen ist. Sein frühstes Werk, das man
kennt, ist ein Bronzerelief mit der Opferung Isaads (1401), aufbewahrt im
Museum von Florenz (in den Uflizien); er fertigte dasselbe bei Gelegen-
heit eines künstlerischen Wettstreites (an dem u. a. auch J. della Quer-
oia Theil nahm) und "errang den Preis; die Composition hat einfache
Klarheit, das Nackte erscheint bereits trefflich durchgebildet. Der Preis
des Wettstreites war der, dass ihm eine Arbeit von ungleich grösserer
Bedeutung, die Fertigung der Bronzethüren für eins der Seitenportale
des Baptisteriums von Florenz, übertragen ward. Ghiberti führte diese
Arbeit von 1402-24 aus; er befolgte darin, was die äussere Anordnung
betrifft, das Vorbild der älteren, von Andrea Pisano gefertigten Bronze-
thiiren des Hauptportales, und auch im Style erscheint er hier diesem
Vorbilde, wie bereits angedeutet, noch auf gewisse Weise verwandt, nur
dass die Anordnung schon ungleich mehr in malerischem Sinne concipirt,
die Gruppen mehr aufgeschichtet, die einzelnen Gestalten in realistischer
Weise gefasst sind; die Reliefs der Thüre enthalten zwanzig Darstellun-
gen aus der Geschichte des neuen Testaments und die Figuren der