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Bemerkungen.
Allgemeine
welches somit die Formen der Architektur und die der bildenden Kunst
als gegenseitig bedingte behandelt hatte, ward jetzt ein überwiegender
Sinn für das Einzelne in seiner Abgeschlossenheit lebendig. Diese V er-
einzelung der künstlerischen Interessen bereitete aber der modernen Kunst
einen Uebelstand, der bis auf den heutigen Tag noch keineswegs gelöst
ist, den nämlich, dass die Wechselwirkung der verschiedenen Kunstgat-
tungen zerrissen, dass fortan nicht mehr auf die eigentlich organische
Gliederung des monumentalen Ganzen hingearbeitet, dass die Architektur
ohne den innerlichen Bezug auf die bildende Kunst und diese ohne den-
selben Bezug auf jene behandelt ward. Indess lässt sich dies von den
Werken der besten Zeit der Renaissance noch nicht behaupten, vielmehr
sind dieselben in der grossen Harmonie und dem lebendigen Wechselbe-
zug, der bei ihnen zwischen den einzelnen, wenn gleich noch so hoch
entwickelten Künsten herrscht, den Meisterschöpfungen des Mittelalters
nicht allein ebenbürtig, sondern in der freieren, volleren Verwendung der
Plastik und Malerei sogar überlegen. Allerdings lag in der gesteigerten
Ausbildung der darstellenden Künste eine grosse Gefahr der Isolirung,
der dieselben in der Folge auch nicht entgingen, so dass man eigentlich
nicht sowohl von einer modernen Kunst, als eher nur von den Künsten
des modernen Zeitalters zu sprechen hat. Man darf aber andrerseits
nicht verkennen, dass die Gothik mit ihrer strengen Gebundenheit die
Malerei und Plastik ausschliesslich beherrscht und beide Künste zu einer
durchaus untergeordneten Stellung verurtheilt hatte. Da nun obendrein
die gothische Architektur eben so wie die gesammte Lebensanschauung,
der sie ihr Dasein verdankte, sich völlig ausgelebt hatte, so war nichts
natürlicher, als dass eine grosse allgemeine, wesentlich von Italien aus-
gehende Culturströmung: die Verehrung des Alterthums, auch die
antike Architektur wieder emporbrachte. Diese erschien nun als das
ewig Neutrale und Weltgültige sowohl gegenüber den beiden andern
Künsten, als in ihren besondern Aufgaben. Die Grösse und Originalität,
mit welcher die Renaissance die antiken Formen handhabt, ist um so
bewundernswerther, als diese zu den architektonischen Massen und Räum-
lichkeiten, ,welche der Geist und die Bedürfnisse der Gegenwart erfor-
derten, oft nur in einem dekorativen Verhältlliss Standen. Ein Jahrhun-
dert hindurch erlebte trotz dieser ungüllstlge" Vorbedingung die Archi-
tektur eine Blüthezeit, die an Grösse, Fülle und Schönheit des Geleisteten
mit keiner anderen Epoche den Vergleich zu scheuen braucht. Wenn
trotzdem die Architektur in der künstlerischen Entwicklung des modernen
Zeitalters nicht die erste Stellung einnimmt, so liegt dies wesentlich an
den neuen Gedanken und Erfordernissen der Zeit, denen nur mit den
bildenden Künsten genügt werden konnte. Die Architektur nimmt dem-
nach in der künstlerischen Entwickelung des modernen Zeitalters 11m-
eine zweite Stellung ein; das vorzüglichste Interesse beruht hier auf den
Werken der bildenden Künste.
Was diese letzteren anbetriüt, so beweisen jetzt erst recht eigentlich
jene beiden Elemente, welche die gesammte neuere Zeit so wesentlich
von der alten unterscheiden, das Ohristenthum und der Germanismus, der
das abendländische Volksleben durchdrungen hatte, an ihnen ihre Kraft.