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Die Kunst des gothischen
Thurm von 1485-1507, reich ausgestattet und schlank aufsteigend, mit!
achteckigem Obergeschoss bekrönt. Der mittlere Theil der Faeade von
1509-30 hat ein prächtiges Portal, darüber eine brillante Rose, mit einer
üppigen Maasswerkarchitektur darüber und zu beiden Seiten verbunden.
Auch die Kathedrale von Evreux, im 14. Jahrhundert begonnen,
erhielt ihre Vollendung und besonders die reiche dekorative Ausstattung
des Aeusseren in der gothischen Schlussepoche bis ins 16. Jahrhundert
hinein. Derselben Zeit gehört die ebenfalls schmuckvoll behandelte Kirche
zu Caudebec, mit einem Thurme an der Seite der Facade, welcher
einen reich durchbrochenen Helm hat. Weiter gehören hieher die
Kirchen S. Jacques zu Dieppe und Notre-Dame zu Vernon mit ein-
fach klarer Fagadenbildung, die Kirchen von Harfleur und von Lou-
viers, ferner S. Michel zu Vaucelles, einer Vorstadt von Caen, und
an der Kathedrale zu Bayeux der achteckige Bau auf dem Kreuzes-
mittel. An St. Gervais et S. Protais zu Gisors ist _der Uebergang zu
den Renaissanceformen bemerkenswerth; an der Kirche von C ar entan
die geringe Höhe des fensterlosen Mittelschiffes, an der Kirche von Mont
St. Michel der kühn aufragende, grossartig angelegte, aus Granit er-
baute Ohor von 1452-1521.
Auch die Picardie ist reich an glänzend dekorirten Bauten der
Spätzeit. An der Kathedrale zu Amiens datiren besonders die drei
grossen Rosenfenster der Westfagade und der Kreuzgiebel aus dieser
Epoche. Bedeutender die Collegiatkirche von S. Riquier bei Abbeville,
1487 begonnen, ein Bau mit reichem Chorschluss, dessen Absiden jedoch,
mit Ausnahme der mittleren, der Marienkapelle, flach angelegt sind, im
Schiff eine derbe, kräftige Gliederung nach den Mustern der früheren
Zeit, im Aeusseren eine ungemein glänzende, aber schematische Dekora-
tion. Noch jünger, doch nicht minder reich ausgestattet, ist die Kirche
S. Wulfram zu Abbeville, mit überreich gegliederten und überschlan-
ken Pfeilern, das Aeussere, namentlich die Facade mit spielenden Maass-
werkmustern überkleidet. Ungemein reich sodann die kleine Kirche St.
Esperit zu Ruc, die nach 1470 neu erbaute Kirche von Poix, die hal-
lenartig disponirte Kirche St. Jean zu Peronne, die Hauptkirche von
Oorbie u. a. m.
Ein Prachtwerk dieser Spätzeit in Isle-de-France ist sodann der
Querbau der Kathedrale von Beauvais, vom Anfang des 16. Jahr-
hunderts, mit besonders glänzend dekorirten Fagaden. Aehnlich der Chor
von S. Etienne zu Beauvais, seit 1506 erbaut. Ferner die nicht
minder bunt geschmückten Quergiebel der Kathedrale von Senlis,
die phantastisch barock behandelte Fagade von S. Pierre daselbst, eines
Hallenbaues, die bedeutende Kirche St. Antoine zu Compiegne und
St. Jacques in derselben Stadt, sowie die Kirche von Clermont.
Einfacher sind mehrere spätgothische Bauten zu Paris: so die Kirche
St. Germain-PAuxerrois, mit Resten aus dem 13. Jahrhundert, im
Wesentlichen dem 15. und 16. Jahrhundert angehörend; die jüngeren
Theile von St. Severin aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts;
S. Gervais, vom Schlusse desselben Jahrhunderts, das gleichzeitige
Schiff von S. M edard, ferner S. Merry, seit 1520 erbaut, in schlichter