Vierte Periode.
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Weiterhin als zierlich entwickelter Bau der Spätzeit die Frauen-
kirche zu Esslingen, ebenfalls in naher Beziehung zum Münster von
Ulm. Im J. 1408 begonnen, wurde der Bau zuerst durch Ulrich, dann
durch Matthäus Ensinger geführt, später leiteten ihn Hans (1440-
82) und Matthäus Böblinger, bis gegen 1522 ein Stuttgarter Meister
Marx ihn vollendete. Sein Langhaus ist kurz, hallenartig, mit weiten
Abständen und anmuthig klaren Verhältnissen, der Chor einfach vorge-
legt, die Stützen lebendig gegliedert, besonders das Aeussere aber durch
brillante Portale, reichen Giebelschmuck, zierliche Bekrönung und einen
der graziösesten Thürme mit völlig durchbrochener Steinspitze ausge-
zeichnet. Ausserdem in Esslingen die jüngsten Theile der Diony-
siuskirche und die Nikolauskapelle, malerisch auf einem Brücken-
pfeiler errichtet. Ein bedeutenderes Denkmal, die von Matthäus Böb-
linger 1485-95 erbaute Hospitalkirche ist in unserem Jahrhundert
abgerissen worden.
Andre Bauten dieser Gruppe sind die Stiftskirche zu Herrenberg,
1336 erbaut, aber seit 1440 umgebaut und erweitert, mit etwas erhöhtem
Schiff; die Stiftskirche zu Stuttgart (1436 bis 1490), von ähnlicher An-
lage mit lebendig gegliederten Pfeilern und einem reich dekorirten Portal;
ebendaselbst die schlichten Hallenbauten der Leonhardskirche (1470-
74) und der Spitalkirche (1471-93), letztere mit zierlicher Emporen-
anlage und gleichzeitigem Kreuzgange. Ferner der Chor der lKirche
zu Schorndorf (1477) mit willkürlich und barock behandelten Details,
und die Georgenkirche zu Tübingen, der Chor 1420, das Langhaus
1469-83 erbaut; u. a. m.
Dem Ausgange der Gothik gehören an: die reizvoll wirkende Brun-
nenkapelle zu Maulbronn, und der zierlich durchbrochene Dachreiter
zu Bebenhausen; 1 die jüngeren Theile von S. Kilian zu Heilbronn,
und zwar der 1450 beendete Chor, der Umbau des Schiffes und die Ober-
geschosse des Thurmcs (1507-1529); endlich in missverstandenen For-
men die Kirche zu Freudenstadt, erst 1601-8 ausgeführt.
Reiche dekorative Werke von üppigster Entfaltung, besonders
Holzschnitzarbeiten der beiden Ulmer Meister Georg Syrlin d. ä. und
d. j., bekunden die Fülle der Triebkraft dieser spätgothischen Schule
Schwabells. Hier sind zu nennen: der Lett-ner in der Dionysiuskirche
zu Esslingen, 1481 von Lorenz Lechler aus Heidelberg gefertigt;
mehrere prachtvolle Tabernakel, so von demselben Meister ein 40 Fuss
hohes in derselben Kirche; das 90 F. hohe 1469 begonnene im Münster
Zu Ulm; kleinere zu Orailsheim (1498), zu Schwäbisch-Hall in der
Michaelskirche und zu Heilbronn in der Kilianskirche, in der Georgs-
kirche zu Nördlillgell (1515-25) u. a. lllarktbrunnen, aus deren
Mitte ein zierlicher statuengesclunückter Pfeiler aufragt, zu Ulm, der
vaFischkastent, 1482 von G. Syrlin errichtet; zu Urach u. s. w.
Taufsteine im Münster von Ulm (1470), in der Dionysiuskirche zu Ess-
lingen, in der Kirche von Magstadt, und ein vorzüglich reicher in
der Marienkirche zu Reutlingen. Kanzeln in der Georgskirche zu
Schwäb.
Denkmäler
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