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Die Kunst des gothisehen Styles.
Lorenzo maggiore zu Neapel), und seine Schüler Stefanone (Altar-
bild der h.- Magdalena in S." Domenico maggiore, Kap. S. Martino) und
Francesco di Maestro Simone (Wandgemälde einer Madonna und
der h. Dreifaltigkeit in S. Chiara, zur linken Seite des Haupteinganges).
Von einem berühmten Meister jener Zeit, Colantonio del Fiore
(gest. 1444), ist beinahe nichts Sicheres (ein Altarbild in S. Antonio del
Borgo und ein Lunettengemälde an S. Angelo a Nilo) auf unsere Zeit
gekommen. Nach diesen Resten zu urtheilen, bildet Oolantonio einen
Uebergang zur Kunstweise des 15. Jahrhunderts; überdies wird berich-
tet, er Sei gegen Ende seines Lebens durch Reue von Anjou, dem
temporären König von Neapel, in die Principien der flandrischen Schule
eingeweiht worden.
ierte
Periode.
Vorbemerkung.
Die gothische Architektur in den Ländern ausserhalb Italiens macht
im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert noch einmal eine merkwürdige
Entwickelung durch, während Sculptur und Malerei bereits einem neuen,
vom Mittelalter völlig abgewandten Antriebe folgen, so dass ihre Werke
in überwiegendem Maasse (vergl. S. 127) dem folgenden Hauptabschnitt
angehören werden. In Italien beginnt gleichzeitig auch für die Archi-
tektur selbst ein neues Weltalter, welches ebenfalls erst an jener Stelle
behandelt werden wird.
Architektur.
Der Ausgang der vorigen Epoche leitet in seinen künstlerischen
Strebungen die Richtung der späteren Zeit allmählig ein. Jene iiüssigere
Form, jene leichtere Gewandtheit, mit der man das System zu behandeln
gelernt hatte, musste bald zur Willkür, zum Uebermuth, und dieser zur
Entartung führen. Doch darf man nicht mit diesen Worten die Bedeu-
tung der Schlussepoche gothischer Architektur erschöpft zu haben wäh-
nen. Das schon früher bemerkbar gewordene Streben nach neuen Com-
binationen und Verhältnissen dringt jetzt zu höchster Energie durch und
bringt bisweilen räumliche und dekorative Wirkungen von überraschen-
der Wirkung hervor. Das Innere der Kirchen entfaltet sich besonders
in die Breite, weniger in die Höhe, der Raum wird kühn, hallenartig
angelegt, und ebenso steigert sich die Geltung des Aeusseren durch mag-
senhafte Gesammtform und beträchtliche Thurmentwickelung. Was aber
am meisten den Charakter dieser Epoche bezeichnet, ist die Einseitigkeit
"des künstlerischen Sinnes, die Willkür, welche über dem Ganzen das
Einzelne vergisst, oder die Einzelheiten doch nicht mehr zu einer har-
monischen Totalität zusammenzustimmen weiss. Daher die nüchternen,
nackten Pfeilerformen, die todten Flächen, die starren Massen, und dane-
ben wieder die übertriebene Krausheit des Laubwerks, die üppigen Ver-