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Styles.
Die Kunst des gotliischen
rungsrathes Bartels zu Berlin, an den bemalten Theilen des oben
genannten Altarschreines zu Altenberg a. d. Lahn, u. a. a. O. Erst
von der Mitte des 14. Jahrhunderts ab treten uns diese Werke als die
Erzeugnisse namhaft bedeutsamer Schulen entgegen, als sie schon xiicht
mehr ausschliesslich die Deckel von Altarschreinen bildeten, sondern für
öffentliche wie Privatandacht als Hauptbestandtheile des Schmuckes von
Altären etc. mit Liebe und Aufwand gearbeitet wurden.
Die erste namhafte Malerschule der deutschen Kunst, die wir bis
jetzt näher kennen, ist die von Böhmen, welche besonders unter der
Regierung Kaiser Karls IV. (1346-9753) in Blüthe stand. Als die Haupt-
meister dieser Schule werden Nicolau s Wurms er von Strassburg, Kundze
und Theodorich von Prag genannt. lhre Werke haben eine grosse
Weichheit, besonders in der Behandlung der Farbe; dagegen mangelt es
ihnen gar häufig an edlerem Formensinn und die Bildungen erscheinen
zumeist plump, schwerfällig und selbst roh. Die besseren Arbeiten, die
sich auch zum Theil einer höheren Anmuth annähern, sind die, welche
man dem Theodorich zuschreibt. Die Mehrzahl ihrer Malereien (Tafel-
und Wandbilder) ündet sich auf dem Schlosse Karlstein, unfern von
Prag, wo die Kirche, die Katharinenkapelle, die Kreuzkapelle und das
Stiegenhaus noch fast den ganzen malerischen Schmuck behalten haben;1
andre in der Wenzelkapelle des Domes von Prag, in der Theinkirche,
in der dortigen ständischen Galerie, in der Gemäldesammlung des Stiftes
Strahow ebenda, im Kreuzgang von St. Hieronymus in Emmaus ebenda
(Menge von Wandmalereien), in der k. k. Gallerie zu Wien; auch die
Kirche zu Mühlhausen am Neckar (durch einen Prager Bürger gestif-
tet) besitzt einige Bilder der Art. Die in der Burg Neuhaus ausgeführ-
ten Wandgemälde aus der St. Georgs-Legende sind ein- Werk aus der
Mitte des 14. Jahrhunderts, das den allgemeinen Stylcharakter der dama-
ligen deutschen Malerei anmuthig ausgeprägt zeigt. 2
Eine zweite, bedeutendere Schule lässt sich seit der Mitte des vier-
zehnten Jahrhunderts in Nürnberg nachweisen, 3 obwohl wir keinen
Malernamen kennen. Unter der Einwirkung der trefflichen, oben erwähn-
ten Sculpturen Sebald Sehonhoferls und andrer Meister bildete sich
hier auch in der Malerei ein Styl aus, in welchem das plastische Ele-
ment, die allseitige Bezeichnung der Formen wesentlich vorherrscht.
Eine edle und strenge Auffassung verbindet sich hier mit einer nach-
drücklichen Modellirung und tiefem, gesättigtem Colorit; die Bildung der
Gestalten ist anmuthig und schlank, die der Köpfe hie und da von idea-
ler Schönheit. Die vorzüglichsten Werke sind: Der ImhofPsche Altar
1 Fr. Kugler, K1. Schriften, II, S. 497, vergl. 495. Ueber das grosse M0-
saik, welches Kaiser Karl IV. 1370 durch einen unbekannten Meister an der Süd-
seite des Domes anbringen liess, vergl. Ambros, der Dom von Prag, S. 272. Es
enthält ein Weltgericht, in der Mitte die Sehutzpatrone von Böhmen vor Christus
knieend. Ueber die Malereien der Wenzelkapelle vergl. S. 189 u. Hi; die Pas-
sionsbilder zeigen einen kenntliehen giottesken Einfluss, die Legende St. Wenzels
dagegen eine totale Umarbeltung vom Anfang des 16. Jahrhunderts. 2 Woge],
in den Denkschriften der k. k. Akademie der Wissenschaften. Bd. X. Mit; Abb,
3 Waagen, Kunstwerke u. Künstler, I, S. 163, H. v. Rettberg, Nürnberger
Briefe, S. 176, ff. Ders. in "Nürnbergs Kunstleben", S. 28, 34, 47 ff.