Periode.
Dritte
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aus der Mitte desselben Jahrhunderts, und die etwa gleichzeitigen zahl-
reichen Arbeiten im Münster von Strassburg, welche zumeist durch
Hans von Kirchheim gefertigt wurden, von grosser Bedeutung. So
auch drei Fenster in der Sebaldskirche zu Nürnberg (von 1365 bis
1394) und ein ehemals in S. Gertrud zu Köln befindliches Fenster, des-
sen Figuren den Styl der Zeit besonders anmuthig spiegeln. Das grosse
Fenster im südlichen Querschiif des Domes von Augsburg ist wenig-
stens von prachtvoller dekorativer Erscheinung. In Steiermark besitzt
die Kirche zu Strass enge] treffliche Glasgeinälde aus der zweiten Hälfte
des 14. Jahrhundertsß Charakteristische Beispiele für die frühere
Zeit des 15. Jahrhunderts enthalten die Glasgemälde, welche sich früher
in der Burgkirche zu Lübeck befanden und gegenwärtig in den Fen-
stern der dortigen Frauenkirche aufgestellt sind; sie zeigen den deutsch-
gothischen Styl in eigenthümlich weicher Fassung (der gleichzeitigen
Malerschule von Köln verwandt) und, bei freier Behandlung, den Aus-
druck zarter Milde, sowie im Einzelnen bereits einen regen Natursinn. 2
Man schreibt diese Arbeiten mit grösster Wahrscheinlichkeit einem aus
Italien gebürtigen Künstler zu, dem Francesco, Sohne des Domenico
Livi aus Grambassi (bei Volterra). Dieser hatte sich seit seiner Jugend
in Lübeck aufgehalten und dort die Kunst der Glasmalerei erlernt (er
gehört somit wesentlich, was auch die genannten Arbeiten in Lübeck
bezeugen, der deutschen Kunst an); als der ausgezeichnetste Meister sei-
nes Faches, von dem man eine Kunde hatte, wurde er im Jahr 1436
unter sehr ehrenvollen Bedingungen nach Florenz berufen, die Fenster
des dortigen Domes mit seinen Werken zu schmücken. 3 Als Beispiel
des Reichthums, welchen die strengen Cistercienser in fast lauter farb-
losem Glase hervorzubringen wussten, mag das grosse Fagadenfenster der
Kirche zu Altenberg bei Köln (nach 1400) dienen. Anderweitig er-
laubten sie sich auch farbige, wie z. B. die im Brunnenhause und im
Chor des Stiftes Heiligenkreuz (Oesterreich) befindlichen beweisenf
erstere enthalten die sehr merkwürdigen Bildnissgestalten der Babenber-
ger. Die Bettelordenskirchen, welche sich wenigstens mit Einem farbig
historiirten Ohorfenster begnügen sollten, hatten doch oft genug den
ganzen Chor voller Glasgemälde.
Die Teppiche nehmen während dieser Periode in der deutschen
Kunst keine bemerkenswerthe Stelle ein.
Bei dem Streben des gothischen Baustyles, die Masse der Wand
in lebendig bewegte Architekturformen aufzulösen, einem Streben,
welches gerade in Deutschland zu seiner vollendetsten Durchbildung kam,
war hier für die Ausübung der Wandmalerei, wie schon bemerkt, im
Allgemeinen eine minder günstige Gelegenheit gegeben. Gleiehwehl fehlte
es im Einzelnen nicht an manchen Räumlichkeiten, die, eb zum Theil
1 Vgl. Mjttheil. d. k. Cenlrrnl-Commission. Bd. III. 2 Abbildungen die-
ser Glasmalereien werden m dem Werke des Malers Milde (von dem die kunst-
reiche Restauration derselberrhefrühft) über die Alterthümer von Lübeck erschei-
nen. 3 S. die Urkunde bei Gaye, Oarteggio ined. düzrtisti, II, S. 441. Vergl-
Denkmäler der Kunst, T. 60 4 Mittelalter]. Kimstdenkmale d. österr. Kai-
Serstaätes, Lief. I u. II, Taf. 5 11. 6.