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Styles.
des gothischen
Die Kunst
Akademie zu Antwerpen und in der Kathedrale zu Brügge, etwa der
frühern kölnischen Schule entsprechend. Aehnlich einige neuerdings auf-
gedeckte YVandbilder tlandrischer Grafen in der 1374 erbauten Kathari-
nenkapelle bei der Frauenkirche von Oourtray. Dem ausgebildeten
gothischen Style gehören dann zwei flandrische Altarschreine in der
öffentlichen Sammlung zu Dijonl an, welche zu Ende des 14. Jahrhun-
derts von Melchior Broederlein (oder Broedlain) gemalt und von
Jacques de Baerze mit Schnitzwerken versehen sind.
Für die Malerei der genannten Länder kommt, jedoch mehr als
alles Uebrige die Miniaturmalerei, wie dieselbe zur Bücher-Zierde an-
gewandt wurde, in Betracht. Besonders Paris war durch diese Gattung
der Kunst berühmt, und zahlreiche Denkmäler, an denen u. a. die Bib-
liothek zu Paris einen bedeutenden Schatz bewahrt, bezeugen den leb-
haften Aufschwung, den dieselbe in Frankreich nahm. Seit der Mitte
des 13. Jahrhunderts erscheint in ihnen der gothische Styl, wie wir sahen
(S. 88 u. obgleich noch nicht in einer höheren künstlerischen Ausbildung,
doch bereits in eigenthümlicher Zierlichkeit entwickelt. Vorzüglich bedeu-
tend sind die Bilder eines dreibändigen Werkes in der genannten Biblio-
thek, welches das Leben des h. Dionysius enthält, und wie es scheint,
dem J. 1316 angehört. Die englischen Miniaturen bis zur Mitte des
14. Jahrhunderts sind minder werthvoll als die französischen und erschei-
nen nur als rohere Nachahmungen derselben. Die niederländischen
dagegen zeichnen sich, obschon auch sie den französischen im Uebrigen
völlig zur Seite stehen, bereits vortheilhaft durch eine frischere Natur-
wahrheit aus.
Ein höherer Aufschwung zeigt sich in den französischen und nieder-
ländischen Miniaturen in der zweiten Hälfte des 14. und im Anfange des
folgenden Jahrhunderts. Die Arbeiten werden nunmehr ungemein fein
und_ mit glücklichem Sinn für malerische Wirkung durchgebildet, den ge-
setzmässigen Formen des Styles gesellt sich eine schärfere und freiere
Naturbeobachtung zu, und nicht minder gelangt das Streben nach zarter,
idealsehöner Bildung häuiig zu den erfreulichsten Resultaten. Besonders
ausgezeichnet sind in dieser Beziehung die niederlänäiSßhen Künstler, in-
dem bei den Franzosen sowohl die Ertindnngsgabe als die Naturbeobach-
tung wenigstens nicht in demselben Maasse reich und mannigfaltig er-
scheinen. Uebrigens war der Verkehr zwischen beiden Ländern zu jener
Zeit so lebendig, dass niederländische Künstler nicht selten mit französi-
schen gemeinsam dieselben Manuscripte ausschmückten, dass also die
regste WVechselwii-kung zwischen ihnen stattfinden musste. Als namhafte
und höchst bedeutende Meister, die im Anfange des 15_ Jahrhunderts 1311111-
ten, sind zu nennen: Andre Beauneveu, Jaquevrart, Hodin und
Paul von Limburg. Als eifrige Schützer und PHeger dieser Kunst,
für welche die ebengenannten und die sonst unbekannten vorzüglichsten
Miniatnrmaler von Frankreich und Belgien arbeiteten, sind die drei Söhne
König Johanns von Frankreich anzuführen: König Karl V. (reg. 1364 bis
von Passavant),
1 S. Kunstblatt 1843, Nro. 54 (Notizen
Schnaase), 1356, S. 236 (von YVaagen).
1841,
Nro.
8
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