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Styles.
gothischen
Die Kunst des
statt weit und breit; dazu kam das damals beginnende Bildungsprincipat
Toskanrfs über Italien.
Zunächst nennen wir zwei Schüler Giovannfs, die Brüder Agostino
und Agnolo aus Siena. Auch sie arbeiteten an den Sculpturen, welche
die Fagade des Domes von Orvieto schmücken. Ihr Hauptwerk, mit
ihren Namen und der Jahrzahl 1330 versehen, ist das Grabmal des
Guido Tarlati, Bischofes von Arezzo,1 im dortigen Dome; dasselbe ent-
hält eine grosse Menge kleiner figürlicher Darstellungen, namentlich
Reliefs mit Scenen aus dem Leben des Bischofes, deren künstlerischer
Werth indess wiederum nicht auf einer sonderlich hohen Stufe steht;
durch eine unglückliche Aufschichtung geht die Wirkung vollends verlo-
ren. Ein ebenfalls figurenreiches Altarwerk, in S. Francesco zu Bologna 2
(nach frühererZersplitterung jetzt wieder an Ort und Stelle), das den-
selben Künstlern zugeschrieben wird, zeigt eine eigenthümlich zarte und
anmuthvolle Durchbildung des gothischen Styles, scheint jedoch in die
spätere Zeit des 14. Jahrhunderts zu gehören; auch hat man dasselbe
neuerlich, obschon ohne hinlängliche Gewähr, den Venezianern Jacobello
und Pietro Paolo (von denen unten) zugeeignet.
Bedeutender war die Einwirkung des Giotto (1276-1336), dessen
künstlerische Richtung ohne Zweifel zunächst durch die Werke des
Giovanni Pisano angeregt war, der aber wie kein Anderer seines Volkes,
den Geist der Zeit zu begreifen und in tiefsinnigen Bildern auszuprägen
wusste. Seine Hauptthätigkeit gehört dem Fache der Malerei an, doch
ist er bereits früher als Baumeister genaimt worden, und so sehen wir
ihn auch hier, bei dem bildnerischen Schmuck, den er seinen Bauanlagen
gab, für das Fach der Sculptur thätig. Vornehmlich sind hier die zahl-
reichen Sculpturen zu nennen, welche den Glockenthurm des Domes
von Florenz (gegründet 1334) schmücken. s Die Grundidee derselben
gehört jedenfalls ihm an; zugleich wird aber bemerkt, dass er zum Theil
auch dazu die Zeichnungen geliefert, einige sogar mit eigener Hand ge-
fertigt habe. Sie bilden einen grossartig umfassenden Cyclus, dessen
gemeinsamer Gedanke als die „Entwickelungsgeschichte menschlicher
Bildung" bezeichnet ist. In einer sehr bedeutenden Reihenfolge von
Reliefs sieht man hier dargestellt: zu unterst die Erschaffung und das
Leben der ersten Menschen; sodann den Kampf mit der Natur und deren
Bewältigung, das Gemach des häuslichen Lebens und das Streben in die
Ferne; hierauf die höheren Künste und Wissenschaften, denen sich
sehliesslich, als das Ziel menschlichen Strebens, die Tugenden des Chri-
stenthums und die Läuterimg, welche die Gnadenmittel der Kirche ge-
währen, anreihen. Zu oberst sind Statuen von Evangelisten, Propheten,
Patriarchen und Sybillen angebracht, von denen es indess zweifelhaft ist,
ob sie sich auf Giottds ursprüngliche Ideen beziehen. Ein zweites
grosses Werk, das unter Giotto's Leitung begonndn ward, bildeten die
Sculpturen der (im J. 1588) abgerissenen) Facade des Domes, an welche;-
man, in besondern Tabernakeln, verschiedene Scenen in Bezug auf das
Leben der hl. Jungfrau dargestellt sah und ausserdem eine grosse Menge
Taf.
Kllllßta
1 Denkm.
2 Ebenda (2 u.
3 Ebenda