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Die Kunst des gothischen
Styles.
durchgängig festgehalten als Oontrast zu den reinen Verticalen der Nischen
und Baldachinsäulen; ganz besonders bezeichnend aber ist die Umgestal-
tung der Draperie, welche statt der feinen, zahlreichen, oft wie nach den
Massen modellirten Falten des 13. Jahrhunderts jetzt meist grosse, ein-
fache Partien zeigt, wie sie zu der Gesammterscheinung am Bauwerk in
der That eher passen mögen. In den Köpfen herrscht vielleicht mehr
Einförmigkeit und (wie in allem Uebrigen) mehr Steinmetzenmanier, wäh-
rend im 13. Jahrhundert sich durchschnittlich öfter die Theilnahme des
durchgebildeten Künstlers verräth; die wenigen nackten Gestalten (Adam
und Eva) zeigen bisweilen einen ganz naiven Naturalismus der Auffas-
sung bei einer noch sehr unentwickelten Durchführung.
Ausser den am Gebäude (Portalen, Nischen, Pfeilern etc.) haftenden
Sculpturen ist als eine grosse, wenn nicht neue, doch erst in Beispielen
aus dieser Zeit nachweisbare Gattung zu erwähnen: der Schmuck der
Choreinfassungen nach aussen gegen den Ohorumgang hin; hochwichtig
für die Ausbildung des Reliefs, wenn nur derAnlass häuüger gewesen wäre.
Die Grabstatuen, früher meist nur Verstorbenen des höchsten Ranges
gewidmet, werden allmälig Sache der höhern Stände überhaupt. Die
Costümtreue giebt ihnen noch einen besondern Werth, der nicht selten
den Kunstwerth übertrifft. Die Platte erscheint bald als Deckel eines
frei Stehenden, rings mit Reliefs verzierten oder auch eines in einer (aus-
gemalten) Nische stehenden Sarkophagcs, bald hohl auf Stützen liegend,
bald unmittelbar in den Boden oder stehend in die Wand eingelassen,
anderer Combinationen nicht zu gedenken. Die Haltung ist in der Regel
die eines Betenden oder die eines ausgestreckten Todten mit gekreuzten
Armen, noch nie die eines Schlafenden.
Wie die einzelnenSchmucktheilei profaner Gebäude, wie auch die
Denk- und Grenzsteine, die Stadtbrunnen etc. reine Anleihen von der
kirchlichen Baukunst sind, so sind auch ihre Sculpturen den kirchlichen
völlig homogen. Beide Künste werden zu solchen Zwecken im 14. Jaln-
hundert reichlich und mit grosser monumentaler Absicht in Anspruch ge-
nommen.
Von den Arbeiten in Metall und Elfenbein wird am Schlusse dieser
Periode das Nöthige beigebracht Werden.
Italien, dessen Kunst, obwohl noch innerhalb des gothischen Styles,
einen wesentlich abweichenden Weg geht, wird eine besondere einleitende
Betrachtung erfordern.
Frankreich,
Belgien und
England.
Die Kathedralsculpturen waren grossentheils schon in der mächtigen
Bauperiode des 13. Jahrhunderts mit oder bald nach den Bauten selbst
vollendet worden und die dem 14. Jahrhundert mit Bestimmtheit ange-
hörenden treten der Masse nach sehr zurück. Eine geschmackvolle Wei-
terbildimg des Styles der vorigen Periode zeigt sich z. B. am P0rtal' der
1349 erbauten Kapelle St. Piat am Dom von Chartres. Anderes aus
1 Willemin, monumens franqais inäditsn,
121.