Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 2)

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gothisch en 
Die Kunst des 
Styles. 
Die südlichen Provinzen, schon in der frühern Epoche dem gothischen 
System nur zögernd und widerstrebend sich anschliessend, zeigen auch 
in dieser Periode keine irgend erhebliche Bauthätigkeit. Meistens finden 
wir nur Vollendungsbauten früher begonnener Monumente, wie die 1313 
beendete Kirche St. Paul zu Clermont-PHerault;  der Kapellen- 
kranz der Klosterkirche von Valmagne;  die Haupttheile der Kathe- 
drale von Lyon;  das Langhaus der fünfschifügen Kathedrale von 
Clermont-Ferrand, mit eigenthümlich behandeltem Strebesystem bei 
flach gedeckten Seitenschitfen;  der grossartig im Styl der nordfranzö- 
sischen Gothik angelegte Chor der Kathedrale von Narbonne, 1332 
vollendet;  der gänzlich abweichende, mit mehreren polygonen Kapellen 
neben der Hauptapsis schliessende Chor der Kathedrale von Carcas- 
sonne, in den_ersten Decennien des 14. Jahrhunderts einem romanischen 
Langhausbau vorgelegt;  die mit Beibehaltung spätromanischer Theile 
neugebaute Kathedrale von Beziers mit schlanken Pfeilern, im Aeus- 
seren aber massenhaft, mit festungsartigem Westbau; u! a. m. 
In den westlichen Landestlieilen, wo schon in der vorigen Epoche 
das nordfranzösische System sich Eingang verschafft hatte, nicht ohne 
jedoch sich mit gewissen Traditionen der älteren Bauweise des Landes 
zu verbinden, gehören in diesen Zeitraum: die Fagade der hallenartig 
angelegten Kathedrale von Poitiers, ein Bau, in welchem die nörd- 
lichen Formen mit südlicher Gefühlsweise sich mischen;  der Chor der 
Kathedrale von Bordeaux, mit Umgang und Kapellenkranz glänzend 
entwickelt, und der zierlich durchgebildete Kreuzgang derselben Kathe- 
drale;  die Kirche zu Uzeste, welche Papst Olemens V. zu seiner 
Grabkirche erbauen liess, in nordischer Anlage ohne Querschüf, und mit 
einer gewissen Verflachung des reich angelegten Chorbaues.  
Besonders vorherrschend bleiben auch jetzt in diesem Gebiet einschiffige 
Anlagen mit tiefen, zwischen den Strebemassen eingefügten Seitenkapellen. 
Die in der vorigen Epoche schon begonnene Kathedrale von Alby, deren 
Ausführung bis in die späteste Epoche der Gothik reicht, ist hier das 
bedeutendste Denkmal.  Von ähnlich grossräumiger Anlage und kühnen 
Wölbungen die Kathedrale von Perpignan, 1324 gegründet und nach 
langer Bauführung erst 1509 geweiht.  
An dekorativen Prachtstücken aus dieser Periode ist ein in brillan- 
ten Formen durchgebildetes Sakramentarium im Chor der Kathedrale 
von Grenoble, zwischen 1337-50 errichtet, zu nennen. 
Niederlande. 
In Belgien bleibt auch für die Epoche des 14. Jahrhunderts der 
Einlluss französischer Werke maassgebend, obgleich es in den nördlichen 
Gegenden nicht an Monumenten fehlt, welche sich der in Holland ausge- 
bildeten Weise anschliessen. Zu den ersteren gehört: das südliche Quer- 
schiff der Kathedrale zu Ypern, mit prachtvollem Rosenfenster, aus 
dem Anfange des Jahrhunderts;  gleichzeitig die Ruine der Abteikirche 
St. Bertin zu St. Omer mit schlanken, gegliederten Pfeilern;  be-
	        
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