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Die Kunst des gothischen
Styles.
Unter den für die folgende Epoche bedeutenden Kirchen Danzigs,
deren Gründung und erste Anlage meistens in's 14. Jahrhundert fällt,
gehört ihrer wesentlichen Ausprägung nach nur die Dominikauerkirche
hierher, eine Anlage von edlen, schlanken Verhältnissen, mit eingezogenen
Strebepfeilern und einfach, aber ungemein klar und lebendig geglieder-
tem Giebelbau.
Ausserdem datiren aus der Mitte des 14. Jahrhunderts die Gewölbe
im Chor, den Chorumgängen und den Seitenschiffen der Klosterkirche zu
Oliva bei Danzig, sowie die schönen Kreuzgänge und das mit denselben
verbundene Brunnenhaus daselbst.
In Litthauen ähnliche Schlossanlagen wie die preussischen zu
Christ-Memel, mit stattlichen Baeksteinthürmen, ein Thurm zu Rau-
donen, und eine spätgothische Bernhardiner-Klosterkirehe zu Kowno
(Kauen).
In Kurland nennt man als das älteste Schloss das der Schwert-
briider zu Dondangen.
In Esthland das Brigittenkloster und das Padiskloster
bei Reval.
rankr
Das nördliche Frankreich hatte in der vorigen Epoche die stufen-
weise Ausbildung des gothischen Systems bis zu seiner edelsten, reichsten
und klarsten Entfaltung gesehen. Schon im späteren Verlaufe des drei-
zehnten Jahrhunderts trat ein Stillstand ein, die unglücklichen Kriege mit
England, die Eroberung wichtiger Provinzen durch die Fremden raubte
Stimmung und Mittel zu künstlerischen Unternehmungen, so dass das
14. Jahrhundert hier wenig Bedeutendes entstehen sah.
Die Normandie steht in Reichthum und Fülle der architektonischen
Denkmäler in erster Reihe. Eins der wichtigsten Werke dieser jüngeren
Epoche ist S. Ouen zu Rouenf 1318 gegründet, der Ohorbau bald
nachher vollendet, das Uebrige der Spätzeit angehörend. Die Anlage
folgt in etwas einfacherer Weise dem bekannten Schema, und der Chor
zeigt auch in den Details noch Nachwirkungen der früheren Epoche.
Ebenfalls im Anfange des Jahrhunderts erhielt die Kathedrale zu Rouen
ihre zierliche langgestreckte Marienkapelle an der Ostseite des Ohores,
sowie die erst in späterer Zeit vollendeten glänzenden Querschifffaeaden.
Aus derselben Epoche die Marienkapelle der Kathedrale von Coutan-
ces. Wichtiger die westlichen Theile der Kirche St. Pierre zu Caen,
vom Anfange des 14. Jahrhunderts, besonders durch die cdle Entfaltung
des Thurmbaues bemerkenswerth.
In den übrigen Nordprovinzen erhalten die grossen Monumente der
früheren Epoche mehrfach Zusätze, an denen der reiche dekorative Styl
des 14. Jahrhunderts sich geltend macht. So das prachtvolle Fenster am
Südgiebel der Kathedrale von Laon, und die am Langhause den
Strebepfeilern eingefügten Kapellen; so die äusseren, ebenso angelegten
1 Denkmäler der
Kunst,