Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 2)

Dritte Periode. 
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neigt die Architektur Nürnbergs zu einem mehr bürgerlichen Charakter 
hin, der selbst nicht ohne Anflug von Nüchternheit bleibt, im Einzelnen 
aber noch immer sehr Reizvolles hervorbringt. Weniger tritt dies in der 
Moritzkapelle vom J. 1354 hervor, bestimmter jedoch schon an der 
Frauenkirche, 1355-61 durch Georg und Fritz Rupprecht erbaut: 
ein Hallenbau von kurzen, aber breiten Verhältnissen, fast quadratisch, 
mit einschiffig vorgelegtem Chor, im Inneren schlicht, im Aeusseren da- 
gegen durch eine fast städtisch weltliche Giebelfacade mit reich dekorir- 
tem Portal stattlich geschmückt.  Am glücklichsten erweist sich diese 
Architektur in Werken kleinerer, mehr dekorativer Art, wie der von 
1385-96 durch einen Meister Heinrich „den Balier" errichtete "schöne 
Brunnen", eine 60 Fuss hohe Pyramide mit vielfaltigem Statuensclnnuck. 
 Sodami der Chor von St. Sebald (1361-77), frei und hallenartig 
angelegt, mit gleich hohen Umgängen um den polygonen Abschluss, durch 
reiche Lichtwirkung ausgezeichnet, in den Details jedoch schon willkür- 
lich und zum Theil nüchtern. Ein Prachtstück zierlichster Dctailarbeit 
ist dagegen die an der Nordseite des Ohores befindliche „Brautthür", mit 
tiefer hallenartiger Anlage und reichster durchbrochener Steinarbeit. 
Zu gleicher Zeit gestaltet sich der Profanbau nicht minder stattlich 
und monumental, in der Masse einfach, ernst und schmucklos, im Einzel- 
nen dagegen, an Erkern, Zinnen und Giebeln oft sehr zierlich geschmückt. 
Eins der schönsten erhaltenen Beispiele ist das Haus Nassau, um die 
Mitte des 14. Jahrhunderts erbaut, mit stattlichem Zinnenkranz und Er- 
kerthürmchen, in der Mitte mit einem sogenannten „Chörlein" von einfach 
ansprechender Durchbildung.  
In den übrigen fränkischen Gegenden bestehen verschiedenartige Auf- 
fassungen derKirchenanlage nebeneinander.  Der Chor von S. Jakob in 
Rothenburg an der Tauber (1373 begonnen, das Schiff erst im folgen- 
den Jahrhundert beendet) gehört hieher; sodann die Oberpfarrkirche 
zu Unsrer Lieben Frauen zu Bamberg, deren polygoner Chor einen, nied- 
rigen Umgang mit durchgeführtem Strebesystem zeigt (das Langhaus mo- 
dernisirt). Dagegen ist an der 1377 gegründeten Liebfrauenkapelle zu 
Würzburg die Hallenform angewendet. 
Die Denkmäler der sächsischen Lande folgen auch in dieser 
Epoche verschiedenen lokalen Traditionen und sondern sich demnach in 
eine Reihe einzelner Gruppen. In Braunschweig gehört das Langhaus 
der in der vorigen Epoche begonnenen Aegidienkirche hieher, ein 
schlichter dreischifiiger Hallenbau von anspruchsloser Haltung. Auch die 
übrigen Kirchen Braunschweigs erfahren in dieser Epoche eine Umgestal- 
tung ihrer baulichen Anlage, besonders eine reichere, stattlichere Ausbil- 
dung der noch aus romanischer Zeit vorhandenen Facade mit ihren Thürmen. 
Der Mittelbau, der als Glockenhaus dient, wird in seinem oberen Geschoss 
durch ein prachtvolles Fenster mit zierlichem Maasswerk durchbrochen, 
die Thürme daneben aber in einfacher Masse und nur mit lebendiger 
Flächengliederung behandelt. So besonders an der Katharinenkirolle
	        
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