Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 2)

Architektur, nur vereinzelte, mit dem baulichen Gesammtsystem nicht in 
unmittelbarer Verbindung stehende Schmuckstücke hervorgebracht hatte. 
Ihre Werke nehmen die Stellen der verschwundenen grössereuWand- 
Bächen ein, dem Lichte, welches in das bauliche Innere einströmt, zu- 
gleich alle Fülle leuchtendster Farbenpracht zugesellend. Ihre Darstellun- 
gen ordnen sich rhythmisch im Wechselbezuge zu dem Sprossenwerk, 
welches die Räume der Fenster theilt und gliedert, in reichster dekora- 
tiver Fassung, in der Folge der Einzeldarstellungen, die sich solcher 
Gliederung und Fassung einreihen, und in der Folgenreihe der Fenster 
wiederum zur Entwickelung eines tiefsinnig gedanklichen Gehaltes geeig- 
net. Es sind aus Licht und Glut gewobene Farbenteppiche, welche diese 
weiten Oeffnungn erfüllen, Darstellungen einer Welt verklärter Wunder, 
welche dem Auge rings entgegentreten und das schon wundervolle Wesen 
des baulichen Systems zur völlig bewältigenden Wirkung steigern. Aber 
diese Wirkung bleibt dennoch eine allgemeine, geht dennoch über den 
Standpunkt eines mehr oder weniger primitiv künstlerischen Verhaltens 
nicht hinaus. Das Gesetz der Composition ist von den Gliedern der ar- 
chitektonischen Einrahmimg abhängig, die Ausführung und Behandhmg 
ebensosehr von den räumlichen Beziehungen wie von den Maasnahmen 
einer unbehilflichen Technik. Es sind Mosaiken, aus verhältnissmässig 
kleinen Glasstücken zusammengesetzt, überall mit schweren und derben 
Umrisslinien, -welche materiell durch die verbindenden Bleifaden, für den 
Effekt durch das Erforderniss eines starken Gegensatzes gegen die Ueber- 
gewalt des Farbenspieles bedingt waren. Es sind kleine figurenreiche 
Scenen in dekorativ durchgeführter Verbindung zum grösseren Gesammt- 
bilde, oder grössere Einzelgestalten, über denen sich dekorativ ausgestat- 
tete Felder emporgipfeln. Es ist, trotz jener wunderähnlichen Wirkung, 
trotz der oft umfassenden doctrinären Tendenz des Inhaltes, doch ein 
entschieden dekorativer Zweck vorwiegend, der sich nur allzu häufig mit 
typisch roher Darstellung; des Figürlichen begnügt und der hierin nur 
selten die Grundzüge eines höheren künstlerischen Gefühles zur Erschei- 
nung bringt. Die Befriedigung mit solchem Ergebniss, das Aufgehen 
der grossen Fülle von Kräften, welche zu dessen Gewinne nöthig waren, 
in die Sorgen des handwerklichen Verfahrens mussten der wahrhaft künst- 
lerischen Entwickelung ein andauerndes Hemmniss bereiten. 
Frankreich 1 besitzt in seinen grossen Kathedralen noch sehr um- 
fassende Reste der Glasgemälde, mit "denen sie im Laufe dieser Epoche 
ausgestattet wurden; die verschiedenen Bildungsmomente des Styles, von 
seinen Uebergängen aus dem Romanismus bis zu seiner charakteristisch 
eigenthümlichen Ausprägung, sind in diesen Arbeiten vertreten. Unter 
den Glasmalereien der Kathedrale von Chartres finden sich-solche von 
vorzüglich alterthümlichem Gepräge. In den Kathedralen von Rheims, 
Soissons, Paris (hier die grossen Rosenfenster der Facade), Auxerre, 
Chälons s. M., Troyes, Rouen, Tours, Poitiers, Olermont-Fer- 
rand, in der Sainte-Chapelle von Paris sind zahlreiche andre Beispiele 
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