Zweite Periode.
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In den nordwestlichen Landen ist eine Reihe von Beispielen an-
zuführen, welche in bildnerischer Ausstattung des architektonischenAeus-
seren, namentlich der Portale, bestehen.
Hiezu gehören zunächst die Sculpturen an der Liebfrauenkirche zu
Trier, aus dem zweiten Viertel des Jahrhunderts. Das Hauptportal,
Obgleich noch von romanischer Hauptform, ist in seinen verschiedenen
Theilen in der üblichen Weise mit Bildwerk ausgestattet; Andres an
andern höher belegenen Stellen der Eingangsseite und an dcn1 (gleich-
falls romanisirenden) Portal der Nordseite. Die Fassung der Gestalten
ist schlicht und streng, doch schon in den einfach grossen Motiven der
Gothik. Die Vertheilung der Sculpturen an dem Hauptportal ist noch
mangelhaft, in der fünffachen Reihe der Bogengeläufe, bei deren gerin-
gerer (halbrunder) Neigung, noch von besonders übler Wirkung. Bei
dem Seitenportal lindert sich dieser Eindruck, da die Bögen hier zum
grösseren Theil von Blattornament erfüllt sind; die in dem Bogenfelde
dieses Portals enthaltene Darstellung, die Krönung der Maria, vereinigt
mit der Strenge der Behandlung eine zart empfundene Bewegung, welche
der Oomposition schon einen sehr eigenthümlichen Reiz giebt. Es
schliessen sich die ähnlich behandelten, zum Theil schon verwitterten
Sculpturen an einem Portale der Kirche zu Tholey an, die schwereren
an dem rundbogigen Südportal des Domes von Wetzlar, die mit wei-
cherer Empfindung durchgebildeten an dem Südportale des westlichen
Querschiffes- des Domes von Paderborn, welches ebenfalls noch die ro-
manische Rundform bewahrt. Die Statuen neben dem Westportal der
Elisabethkirche von Marburg haben die ausgesprochen gothische Styl-
form in roher Fassung.
Dieselbe Behandlungsweise an den Gestalten der Grabsteine jener-
Districte seit der Zeit gegen die Mitte des Jahrhunderts. Hervorzuheben
sind: der Grabstein des Landgrafen Konrad von Thüringen (gest. 1243)
in der Elisabethkirche zu Marburg, noch starr, doch mit dem Gepräge
individuell strenger Würde; das Monument des Erzbischofes Siegfried von
Epstein (gest. 1249) im Dome zu Mainz, mit den kleineren Gestalten der
deutschen Könige Heinrich Raspe und Wilhelm von Holland zu den Sei-
ten des Erzbischofes, denen dieser die Kronen aufsetzt, in steif gezwun-
gener Oomposition, aber mit lebhaftem Gefühl für das Einzelne und dem
schon sehr beachtenswerthen Streben nach persönlich individueller Cha-
rakteristik; das Monument des Erbauers der Kirche von Laach, mit
der überlebensgrossen Gestalt desselben, und ein ähnliches, aus Holz
gearbeitetes Denkmal in der Klosterkirche zu Sayn, beide und nament-
lich das letztere von kräftig derber Arbeit.
Einen eigentümlichen Cyklus bilden die dieser Epoche angehörigen
sculPturen des Domes Zll Bamberg. Sie folgen der Zeit nach unmittel-
bar auf die hier vorhandenen merkwürdigen Sculpturen spätromanischen
Styles; es ist schon (I, S, 551 u. f.) angemerkt, dass die Bildwerke des
Nordportales bereits den beginnenden Uebergang in das gothische Stylele-
ment erkennen lassen. Dem letzteren gehören zunächst die Statuen des