76
Die Kunst des gothisohen Styles.
Anderweit kommt die Sculptur der Grabmonumente, mit den
Gestalten der Bestatteten, mit sonstiger bildnerischer und dekorativer
Zuthat, in Betracht.
Ein Paar eherne Grabtafeln mit Reliefbildungen der Art, im Dome
von Amiens, die Monumente der Bischöfe Eberhard von Fouilloy (gest.
1223) und Gottfried von Eu (gest. 1237) geben für die Entwickelungs-
momente in der früheren Zeit des Jahrhunderts charakteristische Belege.
Die Gestalten erscheinen beiderseits in strenger "Würde, mit wohl durch-
gebildeter, feinfaltiger Behandlung.
Eine Fülle von Grabmonunienten, im üblichen Steinmaterial, wurde
unter der Regierung Ludwig's des Heiligen, um die Mitte des Jahrhun-
derts, ausgeführt. Er schmückte die Gräber seiner Vorfahren mit derar-
tigen Werken; er sorgte ebenso für die Gräber seiner Angehörigen. Die
Monumente sind gegenwärtig in den Grüften von St. Denis versammeltß
Die Arbeiten charakterisiren sich durch die grossen und vollen Linien
seiner Epoche; die Menge des Gleichartigen, wo überall ein einfaches
Motiv zu wiederholen und der Eründungsgabe durch Anknüpfung an Er-
scheinungen des Lebens zumeist keine Unterlage gegeben war, führt aber
zu einer überwiegend handwerksmässigen Behandlung. Zu den bessern
unter den Monumenten der Vorfahren gehören die Robert's I. und seiner
Gemahlin; namentlich die Gestalt der letzteren zeichnet sich durch die
kraftvoll reichen Linien der Gewandung aus. Von vorzüglichem YVerthe,
durch das Gepräge individuellen Adels hervorstechend, sind die Monu-
"mente von Ludwigs Bruder Philipp und von seinem Sohne Ludwig; beide,
aus der Abtei von Royaumont stammend, sind zugleichlmit ebenso treff-
lich sculptirten Tumben, auf deren Oberfläche die Gestalten ruhen, versehen.
Welcher Gegensätze das künstlerische Gefühl aber noch fähig war,
bezeugen die aus vergoldetem Kupfer gearbeiteten und mit reichem Email-
schmuck versehenen Grabmonumente zweier anderen Kinder des Königs,
Johann und Blanca, welche gleichfalls aus Royaumont nach St. Denis
versetzt sind. Bei höchster Zierlichkeit des Ornaments haben die Gestal-
ten hier ein embryonisch rohes Gepräge, mit völlig erstarrtem Ausdrucke.
Deutschland.
Deutschland wendet sich mit der zögernden Annahme der gothischen
Architektur auch der bildnerisch gothischen Stylform in zögernder Weise
zu. Die Zurückführung des architektonischen Systems auf ein schlichte-
res Maass hält den WVunsch nach ähnlich reicher Ausstattung wie in
Frankreich fern; der zufällige Umstand, dass es im Laufe des 13. Jahr-
hunderts überhaupt nur zu wenigen gothischen Fagadenbauten von Be-
deutung kam, beschränkt auch die äussere Veranlassung. Doch bekunden
die bildnerischen Werke des 13. Jahrhunderts, welche der gothischen
Stylform folgen, im Einzelnen ein lebendiges und wiederum zur selbstän-
digen Eigenthümlichkeit durchgebildetes Streben. Die Betrachtung sondert
sich nach den lokalen Gruppen.
monogr.
Guilhermy,
de
de Peglise roy.
de St.
Denis
etc.