Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

der Römerherrschaft. 
Epoche der Ptolemäer und 
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charakteristischer Eigenthiimlichkeit geltend. Neue Elemente dekorativen 
Glanzes, symbolischen Ausdruckes entwickeln sich aus den älteren Formen; 
ein Bestreben nach einer freieren Organisation der Anlage giebt sich kund, 
aber nur ein scheinbares, denn es vermag nicht nur den Widerspruch mit 
dem ursprünglich Gegebenen nicht zu beseitigen, es wird sogar gleich- 
zeitig durch neu hinzutretende Einschränkung, in disharmonischer Weise, 
aufgehoben. Dies scheinbar freiere Bestreben besteht in der Anlage von 
Säulenportiken am Aeusseren der Gebäude,  für gewisse kleinere Hei- 
ligthümer (Nebentempel, welche den Namen der Typhonien oder Mammisfs 
führem) sogar in der Peripteral-Anordnung, welche das Gebäude rings 
mit einem Portikus umgiebt. Vielleicht kündigt sich hierin eine Ein- 
wirkung frgmder, z. B. griechischer Kunst an. Die Säulenstellung gewinnt 
jedoch (kleine offene Räume, vermuthlich Thiergehege, die mit Säulen um- 
geben sind, ausgenommen) keine Selbständigkeit; sie ist in die Wand nur 
eingeschoben, deren schräge (pyramidalische) Neigung an der Ecke des 
Gebäudes, selbst als derartiger Eckpfeiler bei jenen Peripteral-Anlagen, 
wiederum vertritt. Auch die freie Entwickelung ist den Säulen versagt, 
indem hohe Brüstungsmanern zwischen ihnen aufgeführt und den mittleren 
Säulen, welche denZugang bilden, in höchst unschöner Weise sogar Thür- 
pfosten angefügt sind.  Das Säulenkapitäl, bei dem die Form des ge- 
schlossenen Lotoskelches nicht mehr vorkommt, hat vorherrschend die 
Form eines geöfneten, zumeist mehrblättrigen Kelches, der auf das Ver- 
schiedenartigste mit anderweitigen Ptlanzenzierden geschmückt zu sein 
pflegt. Auch jenes alte Palmenkapitäl taucht hiebei gelegentlich wieder 
auf. Häufig befindet sich über dem Kelche des Kapitäls ein besondrer 
Aufsatz, aus vier Hathormasken, welche ein kleines Tempelgebilde tragen, 
bestehend,  eine Zuthat symbolischen Inhaltes, die sich allerdings schon 
in der älteren Kunst, dort aber nur als vereinzelter Reliefschmuck, findet. 
Nicht ganz selten auch fällt das eigentliche Kapitäl ganz weg, und der 
Aufsatz allein, das ästhetische Bedingniss wiederum der Symbolik völlig 
opfernd, bildet die Bekrönung der Säule.  Reichere Dekoration, immer 
jedoch symbolischen Gehaltes, wird ausserdem bei den Kranzgesimsen, 
namentlich denen der Brüstungsmauern zwischen den Säulen, zur Anwen- 
dung gebracht.  
Die wichtigsten Denkmäler dieser Epoche, zunächst aus der Ptole- 
mäerzeit (zum Theil aber erst unter den Römern beendet) sind: die präch- 
tigen und malerisch geordneten Heiligthümer der Insel Philae, der Dop- 
peltempel von Ombos (K um Ombo), das grossartige Tempelheiligthum 
von Apollinopolis magna (Edfu), der grosse Tempel vonLatopolis 
(Esneh), dessen noch stehende Vorhalle indess erst der Römerzeit ange- 
hört, nebst andern Anlagen dort und in dem gegenüberliegenden Anti- 
Latopolis (Helleh), die neuerlich verschwundenen schönen Tempelreste 
von Antäopolis (Qaü el Kebir), einige kleine Tempel zu Theben, 
die geringen Ueberbleibsel des Ammontempels auf der ammonischen 
Oase, u. s. w.  Sodann der von Kleopatra am Ende der Ptolemäerzeit 
gegründete prachtvolle Tempel von Tentyris (D enderah) und der 
von Hermonthis (E rment).  Endlich, aus der Römerzeit, eine Anzahl 
Kugler, Handbuch der Kunstgeschichte. I. 4
	        
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