Vierte Periode.
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sind diese Werke erneut und hiebei nach dem Sinne des neuen Künstlers
umgeschaifen werden, ihre Anschauung ist uns nur in Aquarellcopieen
erhalten, welche nach den Originalen vor ihrer Ueberarbeitung mit Treue
gefertigt wurden. Minder bedeutend und schon im Uebergange zu go-
thischer Stylform sind die schwachen Reste der Bilder fürstlicher Perso-
nen, welche sich auf den Pfeilern der Kirchenruine von Memleben er-
halten haben. 1.
Den sächsischen Wandgemälden schliesst sich eine reiche Decken-
malerei an, die der Flachdecke der Michaelskirche zu Hildesheimß
welche ein überaus schätzbares Beispiel für diesen Theil der künstleri-
schen Ausstattung kirchlicher Gebäude in der Epoche des romanischen
Styles ausmacht. In acht grossen Mittelfeldern stellt sie den Sündenfall
und den Stammbaum Christi dar, in einer erheblichen Zahl kleiner um-
rahmender Felder die Bilder von Patriarchen, Propheten, Evangelisten,
symbolischen Gestalten. Das Ganze ist ornamentistisch gefasst und, in
der Zeichnung wie in der Färbung, von reicher dekorativer Wirkung;
mehrfach und zum Theil roh übermalt, zeigt das Werk in reiner erhal-
tenen Figuren, wie in der der Maria, eine hohe und edle Würde, die
Spätzeit des Styles mit Bestimmtheit bezeichnend.
Franken besitzt ein Beispiel spätromaniseher Wandmalerei im
Westchore des Domes zu Bamberg, an den Bildern von Heiligen, welche
die Nischen der südlichen Brüstungswand dieses Chores (statt der an sol-
cher Stelle üblichen Sculpturen) ausfüllen. Sie lassen, zwar stark ver-
blichen, noch eine sehr edle Fassung des romanischen Styles erkennen.
In Süddeutschland ist bis jetzt nur ein, dem fernen Südosten an-
gehöriges Beispiel dieserEp0ehe von Bedeutung nachgewiesen: die Wand-
malereien des Domes von Gurk 3 in Kärnten. Einzelreste lassen es ver-
muthen, dass das ganze Innere ausgemalt war; unverdeckt von Ueber-
tünchimg zeigen sich die Malereien des über der westlichen Eingangshalle
befindlichen Nonnenehores, die ein eyklisch gebundenes Ganzes von dog-
matisehem Gehalte ausmachen. (Die Malereien der Eingangshalle werden
als spätmittelalterlicher Zeit angehörig bezeichnet.) Diesen Arbeiten
sind die Wandgemälde der Giselakapelle zu Veszprimt in Ungarn
anzureihen: Apostelgestalten in feierlich würdiger Fassung der überlie-
ferten Stylmotive.
An Glasgemälden deutscher Kunst ist eine, wenn auch geringere
Zahl von Beispielen vorhanden, für die Gesammtansehauung der künst-
lerischen Ausstattung der Monumente des romanischen Styles, für die Ent-
1 F. Kugler, K1. Schriften, I, S. 174. 2 Das Werk ist in Farbendruek
(bei Storch und Kramer in Berlin, 2 B1. in F01.) herausgegeben. Denkmäler der
Kunst, T. 49 A 3 v. Quast, in Ottels Grundzügen der kirchlichen Archäo-
logie des deutschen Mittelalters, S. 73, ff. Vergl. v. Ankershofen, in den Mitthei-
lungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Ban-
denkmale, I, S. 22, 2GB. Derselbe und Sehellander, ebenda, S. 289, ff. (An
künstlerischer und stylistischer Analyse wie an veröffentlichten Abbildungen fehlt
es noch.) 4 Jahrbuch der k. k. Central-Commission, I, S. 114; Mittlieilungen
derselben, I, S. 18-1.