Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

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Die Kunst des romanischen Styles. 
vertreten, eine ganz eigenthiimliche Behandlung zur Folge. Namentlich 
an dem von Chartres, wo diese Statuen, den Säulen angelehnt, in förm- 
lich säulenhafter Gebundenheit erscheinen, in schroif senkrechten Linien, 
die Gewandfalten wie Säulenkanellirungen gebildet, die Glieder ohne alle 
Bewegung, die Köpfe mit stumpfem Ausdrucke vorgeneigt. Andre Bei- 
spiele an den Portalen einiger andrer Kirchen, z. B. zu Berthaucourt- 
les-Dames, Rampillon, St. Loup bei Provins, besonders ausgezeich- 
net an dem prachtvollen Portal des südlichen Seitenschiffes der Kathedrale 
von le Mans. "Einige Statuen derselben Richtung, in grossartigerer Fas- 
sung, von dem Portal der abgebrochenen Abteikirche von Corbie her- 
rührend, werden in der Gruft von St. Denis bewahrt. Die Rückkehr auf 
einen völlig primitiven Schematismus, die neue und unbedingte Einver- 
leibung der bildnerischen Form in den architektonischen Organismus be- 
zeichnet aber in diesen seltsamen Gebilden wiederum die Vorstufe eines 
neuen Beginnens,  die der gothischen Stylformation. 
Britische 
Lande. 
England entwickelt auch in der romanischen Schlussepoche keine 
nennenswerthe bildnerische Thätigkeit. Ob und wie viel von den schon 
früher (oben, S. 479) angeführten Sculpturen bis in diese Zeit hinab- 
reicht, muss dahingestellt bleiben. Die reichliche bildnerische Ausstattung 
an dem Portale von Malmsbury, jedenfalls dieser Epoche" angehörig, 
zeigt noch entschieden unausgebildete Behandlung. 
Nähcren Anspruch auf Berücksichtigung, wie es scheint, haben einige 
schottische Sculpturen, mit der Darstellung von Jagdscenen u. dergl. 
Vorzüglich interessant ist einszu St. Andrews, im dortigen St. Mary's 
College, befindlicher Sarkophag, 1 der auf der Vorderseite ein reiches 
Jagd-Relief enthält, mit den Andeutungen südlicher Natur (also vielleicht 
eine Erinnerung an Kreuzzugs-Begebenheiten), in naiver Composition und 
mangelhafter Zeichnung, doch nicht ohne lebendige Bewegung. Man 
schreibt die Arbeit frühchristlicher Zeit zu; der Styl der Zeichnung hat 
aber bestimmt den Charakter der romanischen Schlussepoche. Sehr be- 
merkenswerth ist die Ausstattung der Seitenfelder mit dekorativen Schlan- 
gengewinden. Es ist der altkeltische Geschmack, der hier auf's Neue zur 
Erscheinung kommt; aber der frühere streng schematische Styl ist hier 
bereits einer naturalistischen Behandlung gewichen, der Art, dass das 
durcheinander gewundene und geknotete Gewürm zusammengepresst, wo 
es eng verschlungen ist, anschwellend, wo die Leiber Platz zur Ent- 
faltung haben, einen eigenthümlichen, seltsam widerwärtigen Eindruck 
hervorbringt. 
of Scotland, 
1 Wilson, the arehaeology 
503.
	        
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